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Martianische Geheimnisse: Jezero Mons im Fokus
Der Mars, bekannt für seine beeindruckende Landschaft mit Kratern, tiefen Tälern und faszinierenden geologischen Strukturen, fasziniert Wissenschaftler weiterhin, die Hinweise auf seine alte Vergangenheit suchen. Neue Forschungen legen nahe, dass ein bislang wenig beachteter Berg am Rand des Jezero-Kraters – einer der am intensivsten erforschten Regionen des Mars – in Wirklichkeit ein in Sichtweite verborgener, erloschener Vulkan sein könnte. Diese Entdeckung trägt ein bedeutendes neues Kapitel zur geologischen Entwicklung des Roten Planeten und der Suche nach Spuren von frühzeitigem Leben auf dem Mars bei.
Wissenschaftlicher Kontext: Auf der Spur vulkanischer Aktivitäten des Mars
Seit Beginn der Marsforschung stehen der Jezero-Krater und seine einzigartige Topografie, die auf einen ehemals wasserreichen See hindeutet, im Fokus der Planetenforscher. Die Bedeutung dieses Kraters wuchs 2021 erheblich, als der NASA-Rover Perseverance dort landete, um gezielt nach Anzeichen früher mikrobieller Lebensformen zu suchen und Gesteinsproben für künftige Analysen zu sammeln. Bis vor Kurzem blieb jedoch Jezero Mons, ein Berg am Kraterrand, weitgehend unbeachtet.
Lange Zeit gab es Spekulationen über die wahre Natur von Jezero Mons. Professor James Wray vom Georgia Institute of Technology hegte bereits 2007, basierend auf ersten Bildern mit geringer Auflösung, den Verdacht auf einen vulkanischen Ursprung. Doch eindeutige Beweise fehlten bislang, da sich viele Forschungen zuerst auf das ehemalige Seebecken und die Wassergeschichte des Kraters konzentrierten.
Durchbruch durch Rover- und Orbiterdaten
Ein Wendepunkt trat ein, als der Perseverance-Rover seine Untersuchungen begann. Er entdeckte statt des für Seebecken erwarteten Sedimentgesteins vor allem magmatisches beziehungsweise vulkanisches Gestein auf dem Kraterboden. Damit rückte die Frage nach Jezero Mons als möglicher Quelle dieses Gesteins wieder in den Fokus.
Um dieses Rätsel zu untersuchen, arbeitete Wray gemeinsam mit Hauptautorin Sara Cuevas-Quiñones von der Brown University und einem internationalen Wissenschaftsteam. Sie nutzten eine Vielzahl von Missionsdaten, unter anderem vom Mars Odyssey Orbiter, Mars Reconnaissance Orbiter, ExoMars Trace Gas Orbiter sowie von Perseverance selbst. Diese umfassende Fernerkundung ermöglichte eine detaillierte Charakterisierung von Jezero Mons und den Vergleich mit bekannten Vulkanen auf Mars und Erde.
Vulkanische Hinweise: Morphologie und Material
Die Forscher identifizierten mehrere Merkmale, die auf vulkanische Aktivität schließen lassen: Jezero Mons ähnelt in Größe und Form bekannten Marsvulkanen wie Zephyria Tholus und Apollinaris Tholus sowie dem irdischen Beispiel Mount Sidley in der Antarktis. Auffallend ist die geringe Zahl von Einschlagskratern und die geringe Wärmespeicherung an der Oberfläche – Hinweise auf eine bedeckende Ascheschicht. Am nordwestlichen Hang zeigen Strukturen vergangene Lavaströme in Richtung Kraterboden, was die vulkanischen Gesteinsproben von Perseverance erklären könnte.
Professor Wray betont: „Wenn wir gerade erst einen Vulkan in einer der bestuntersuchten Regionen des Mars erkennen, befinden sich möglicherweise noch viele weitere vulkanische Strukturen auf dem Planeten, die auf ihre Entdeckung warten.“
Bedeutung für Marsforschung und die Suche nach Leben
Falls Jezero Mons tatsächlich vulkanischen Ursprungs ist, hat seine Nähe zum ehemaligen Seegrund weitreichende Konsequenzen für das Verständnis möglicher Lebensräume. Auf der Erde entstehen durch das Zusammentreffen von Wasser und vulkanischer Hitze – sogenannter hydrothermaler Aktivität – Lebensräume, die Mikroorganismen in extremen Bedingungen erlauben zu existieren. Die Vermutung eines solchen Systems auf dem Mars erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass hydrothermale Energiequellen auch dort vor Milliarden Jahren mikrobielles Leben ermöglicht haben könnten.
Die im Mai in Communications Earth & Environment veröffentlichte Studie liefert damit einige der klarsten Hinweise auf frühere Vulkantätigkeit im Jezero-Krater. Um jedoch die Entstehung und das Alter von Jezero Mons zweifelsfrei festzustellen, sind weitere direkte Analysen der Gesteinsproben notwendig.
Rolle künftiger Probenrückführungsmissionen
Der Perseverance-Rover hat bereits gezielt Marsgestein und Bodenproben aus dem Einflussbereich von Jezero Mons gesammelt. Die Wissenschaftler hoffen, dass radiometrische Altersdatierungen nach Rückkehr der Proben auf die Erde Hinweise auf den Zeitpunkt der vulkanischen Aktivitäten und das Alter des Jezero-Kraters geben. Doch die Rückführung dieser Proben bleibt eine große Herausforderung.
Derzeit prüfen die NASA und internationale Partner verschiedene Ansätze zur sogenannten Mars Sample Return (MSR)-Mission, um die von Perseverance gesammelten Proben für detaillierte Analysen auf die Erde zu bringen – Untersuchungen, die direkt vor Ort nicht möglich sind. Allerdings gefährdet der US-Haushaltvorschlag 2026 das Projekt: Mittel könnten zugunsten zukünftiger bemannter Marsmissionen umgeleitet werden.
Trotz dieser Unsicherheiten zeigt sich Professor Wray optimistisch: „Sollten diese Proben zurück auf die Erde kommen, können wir bahnbrechende, völlig neue Wissenschaft mit ihnen betreiben“, betont er und unterstreicht das gewaltige Potenzial direkter Untersuchungen der Marsgeologie.
Fazit
Die Erkenntnis, dass es sich bei Jezero Mons um einen bisher verborgenen Vulkan handeln könnte, verändert das Verständnis der geologischen Geschichte des Mars grundlegend und macht deutlich, wie viel es auf dem Roten Planeten noch zu erforschen gibt. Während Perseverance seine Mission fortsetzt und Wissenschaftler auf die mögliche Rückkehr der einzigartigen Marsproben warten, bleibt das wissenschaftliche Interesse an Jezero-Krater und seinem rätselhaften Berg besonders hoch. Diese Forschung erweitert nicht nur das Wissen über vulkanische Prozesse auf dem Mars, sondern bringt uns auch entscheidend näher an grundlegende Antworten zur Entstehung und Verbreitung von Leben im Sonnensystem.
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