Bitcoin: Erste Anzeichen einer nachhaltigen Erholung

Bitcoin stabilisiert sich nach einem Rückgang: Abnehmender Verkaufsdruck, steigende Erwartungen an Fed-Zinssenkungen und verbesserte Liquiditätssignale deuten auf eine mögliche nachhaltige Erholung des BTC-Marktes hin.

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Bitcoin: Erste Anzeichen einer nachhaltigen Erholung

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Bitcoin zeigt erste Anzeichen einer nachhaltigen Erholung

Bitcoin (BTC) stabilisiert sich offenbar, nachdem es in der vergangenen Woche Tiefststände rund um 80.600 US-Dollar getestet hatte. Marktstrategen führen die Erholung auf nachlassenden Verkaufsdruck und steigende Erwartungen an eine Zinssenkung der US-Notenbank (Federal Reserve) zurück, die zusätzliche Kursgewinne stützen könnten. Nach dem Rückgang vom Allzeithoch Anfang Oktober oberhalb von 126.000 US-Dollar setzte eine Korrektur ein, die sich auf etwa 36 % belief, bevor Käufer wieder schrittweise eintraten.

Analysten sehen Kapitulation und Käufererschöpfung

Beobachter des Krypto-Marktes, darunter Charles Edwards vom Capriole Fund, weisen darauf hin, dass die jüngste Volatilität in Technologieaktien und digitalen Assets die sich verändernden Markterwartungen zur Geldpolitik widerspiegelt. Sobald diese Erwartungen wieder in Richtung einer weicheren Geldpolitik zurückschwenken, beginnt Bitcoin vom Boden, der knapp oberhalb von 82.000 US-Dollar gesehen wurde, wieder anzusteigen.

Als Kennzeichen einer möglichen Kapitulation werden meist erhöhte Verkaufsvolumina, breite Kursverluste über mehrere Sessions und eine negative Marktbreite genannt. Ergänzend zu den klassischen technischen Indikatoren betrachten professionelle Trader und On-Chain-Analysten heute Metriken wie Exchange-Netflows (Nettozuflüsse und -abflüsse von Bitcoin an Börsen), Miner-Verkäufe, Realized Value und das Verhalten großer Wallets (so genannte 'Whales'). Sinkende Exchange-Reserven in Kombination mit positiven Nettozuflüssen zu Verwahrstellen und institutionellen Custodians können frühe Signale dafür sein, dass Angebotsdruck abnimmt.

Wichtige technische Indikatoren reichen von gleitenden Durchschnitten (50/200-Tage MA), dem RSI (Relative Strength Index) bis hin zu Volumenprofilen und Liquidations-Heatmaps. Ein nachhaltiges Halten oberhalb der vorhergehenden Tiefststände, begleitet von abnehmendem Funding-Rate-Stress in Perpetual-Futures und einer Reduktion ausgefallener Liquidationen, stärkt die These eines stabilen Bodens.

Swissblock: erster realer Schritt in Richtung Boden

Der Vermögensverwalter Swissblock meldete einen deutlichen Rückgang des sogenannten Risk-Off Signals des Marktes und interpretiert diese Bewegung als zwei gleichzeitige Entwicklungen: Der Verkaufsdruck hat nachgelassen, und die schlimmste Phase der Kapitulation liegt „vorerst“ hinter dem Markt. Das Team betonte die Bedeutung der laufenden Woche und wies darauf hin, dass ein weiteres Abklingen der Verkaufsdynamik auf der Verkäuferseite nötig wäre, um einen dauerhaften Boden zu bestätigen.

Swissblock wies zudem auf das Risiko einer typischerweise schwächeren zweiten Verkaufswelle hin, die dennoch als Indiz der Verkäufererschöpfung dienen kann, wenn frühere Tiefstände gehalten werden. Solche sekundären Abverkäufe sind keine Seltenheit: In historischen Bärenmärkten kommt es häufig zu einem initialen panikartigen Ausverkauf, gefolgt von einer kürzeren, schwächeren Welle, die dann das Marktvertrauen zurückkehren lässt, sofern die Käufer die Kontrolle zurückerobern.

Zur Beurteilung der Marktverfassung nutzen Analysten neben Swissblocks Risk-Off Signal weitere Maße wie die Volatilitätsstruktur (implizite vs. historische Volatilität), Open Interest in Bitcoin-Derivaten, Funding Rates sowie das Verhältnis von Long- zu Short-Positionen. Ebenfalls aufschlussreich sind Off-Chain-Datenpunkte: aktivierte Adressen, durchschnittliche Transaktionsvolumen, und die Verteilung von BTC-Beständen über Wallet-Größenklassen. Zusammen geben diese Indikatoren ein nuancierteres Bild darüber, ob echte Nachfrage die aufgebaute Verkaufslast absorbieren kann.

Bitcoin-Verkaufsdruck nimmt ab

Makrotreiber — Fed-Zinssenkungs-Wahrscheinlichkeiten und Liquiditätserwartungen

Makroökonomische Signale waren zentral für die jüngste Marktverschiebung. Laut dem CME Fed Watch Tool sind die impliziten Wahrscheinlichkeiten für eine Zinssenkung um 0,25 Prozentpunkte bei der Fed-Sitzung im Dezember wieder auf rund 69,3 % gestiegen, nachdem sie zuvor gefallen waren. Auch Händler auf Prognosemärkten passten ihre Einschätzungen binnen kurzer Zeit an — ein Hinweis darauf, wie schnell Erwartungen kippen können und wie sensibel Krypto-Preise gegenüber Narrativen rund um Zinsen bleiben.

Money-Market-Futures und Fed-Optionen sind wichtige Instrumente, mit denen Marktteilnehmer zukünftige Politikpfade quantifizieren. Die Preise dieser Instrumente wirken sich unmittelbar auf Renditenrisiken, die Bewertung von Risikoanlagen und die Risikobereitschaft von Investoren aus. Ein Anstieg der Eintrittswahrscheinlichkeit für eine Zinssenkung wird typischerweise als positives Signal für hochriskante Anlageklassen interpretiert, weil ein leichterer geldpolitischer Kurs die Opportunitätskosten von Cash senkt und die Liquidität erhöht.

Darüber hinaus reagieren Kapitalmärkte auf Zusagen zur Bilanzpolitik der Fed: Erweiterte Reservenverwaltung, zusätzliche Repo-Operationen oder temporäre Erleichterungen im Liquiditätsmanagement können die kurzfristige Finanzstabilität erhöhen. Solche Schritte reduzieren Stress in Geld- und Kreditmärkten und können indirekt zu einer stärkeren Nachfrage nach spekulativen Assets wie Bitcoin führen, da Finanzierungskosten sinken und Hebelstrategien wieder rentabler werden.

Vorhersagen für Fed-Zinssenkung tendieren wieder zu 70%

Liquidität und quantitative Lockerung — was Händler einpreisen

Einige Marktanalysten argumentieren, die Fed könne Maßnahmen zur Ausweitung der Reservenverwaltung ergreifen oder auf andere Weise Liquidität zuführen, um stärkere Finanzmarktturbulenzen zu vermeiden. Historisch haben Zinssenkungen und erhöhte Liquidität — einschließlich Phasen quantitativer Lockerung (Quantitative Easing, QE) — Rallyes in hochriskanten Anlagen wie Aktien und Kryptowährungen gestützt. Diese Dynamik bildet das Kernargument vieler bullisher Trader: Wenn die Zentralbank die Geldpolitik lockert, könnten BTC und andere Krypto-Assets wieder vermehrt Nachfrage von Privatanlegern sowie institutionellen Investoren sehen.

Das ‚Pricing‘ dieser potenziellen Lockerung zeigt sich in mehreren Marktpreisen: Renditenkurven, Kreditspreads, das Verhalten von Stablecoins (Angebot und Nachfrage), sowie in der Differenz zwischen Spot- und Futures-Preisen (Basis). Insbesondere die Funding Rates für Perpetual-Futures sind ein direkter Indikator für die Kosten, gehebelte Long-Positionen zu halten. Niedrige oder negative Funding Rates können Hebelkäufe attraktiver machen, während sehr hohe Funding Rates risikoscheue Positionen beruhigen.

Zusätzlich sind institutionelle Kanäle wie Spot-Bitcoin-ETFs, Verwahrdienstleister und Prime-Brokers relevant: Eine deutliche Zunahme von Zuflüssen in formale Anlagevehikel kann das Nachfrageprofil nachhaltig verändern. Auch regulatorische Signale und Klarheit spielen eine Rolle: Positive regulatorische Entwicklungen begünstigen institutionelle Allokationen, während Unsicherheiten Kapitalzuflüsse bremsen und somit Liquiditätspremien erhöhen können.

Was Händler als Nächstes beobachten sollten

Für Trader und Anleger sind mehrere technische sowie makroökonomische Indikatoren entscheidend, um die Plausibilität einer Erholung zu bewerten. Zu den wichtigsten Punkten gehören:

  • Halten kritischer Unterstützungszonen: Kann Bitcoin die jüngsten Tiefststände über- oder zumindest stabil abstützen?
  • Abklingen des Verkaufsdrucks: Sinkende Exchange-Reserven, geringere Volumina bei Ausverkäufen und reduzierte Liquidationswellen sind positive Signale.
  • Funding- und Open-Interest-Dynamik: Fallen Funding Rates, und bleibt das Open Interest auf einem stabilen Niveau, deutet das auf gesundere Positionierung hin.
  • On-Chain-Kennzahlen: Aktive Adressen, Nettozuflüsse zu Börsen bzw. aus Börsen, Miner-Auszahlungen und Wallet-Konzentration geben Aufschluss über Angebot und Nachfrage.
  • Makro-Event-Risiken: Fed-Entscheidungen, Inflationsdaten (CPI/PCE), Arbeitsmarktdaten und geopolitische Ereignisse können kurzfristig große Marktbewegungen auslösen.

Die Bestätigung eines Bodens folgt oft einem kurzen und schwächeren zweiten Abverkauf, bei dem der Preis frühere Tiefs hält und Käufer schrittweise die Kontrolle zurückgewinnen. Trader sollten dabei nicht nur auf Preisaktionen achten, sondern auch Volumina und Marktstruktur: Ein Anstieg des Volumens bei anhaltenden Kursgewinnen gilt als ein stärkeres Bestätigungssignal als isolierte Kerzenausbildungen ohne Volumenzunahme.

Praktische Handelsüberlegungen in diesem Umfeld sollten Risikomanagement, Positionsgrößenbegrenzung und abgestufte Einstiegstechniken (Scaling-in) umfassen. Stop-Loss-Mechanismen helfen, Drawdowns zu begrenzen, während zeitliche Diversifikation (Dollar-Cost-Averaging) das Risiko eines suboptimalen Einstiegs reduziert. Institutionelle Anleger werden zusätzlich Hedging- und Absicherungsstrategien in Betracht ziehen, etwa über Optionen oder Swaps, um Volatilitätsrisiken zu steuern.

Für langfristig orientierte Investoren bleibt die Makrodynamik wichtig: Eine echte und nachhaltige Erholung in Bitcoin erfordert nicht nur kurzfristig günstige Geldpolitik, sondern auch strukturelle Nachfragefaktoren wie zunehmende Adoption (z. B. durch ETFs, Zahlungsinfrastruktur, Unternehmen) und weiter wachsende On-Chain-Ökonomie (DeFi-Aktivitäten, Tokenisierung von Vermögenswerten).

Risiken bestehen weiterhin: Unerwartet restriktive Fed-Signale, plötzliche Liquiditätsengpässe im Finanzsektor, regulatorische Rückschläge oder starke Korrekturen in risikobehafteten Märkten können die Erholung schnell ins Stocken bringen. Daher ist eine ausgewogene Betrachtung von Chancen und Risiken essenziell.

Zusammenfassend bietet die gegenwärtige Marktstruktur klare Hinweise auf eine beginnende Erholung, doch die Nachhaltigkeit hängt von der weiteren Kombination aus abnehmendem Verkaufsdruck, stabilisierenden On-Chain-Daten und anhaltenden makroökonomischen Entwicklungen ab. Marktteilnehmer sollten sowohl technische Indikatoren als auch fundamentale und on-chain Signale konsistent überwachen, um fundierte Entscheidungen zu treffen.

Quelle: cointelegraph

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