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Die Zusammensetzung des Darmmikrobioms scheint zunehmend die Stoffwechselgesundheit und das Risiko für Adipositas zu beeinflussen. Neue Nachuntersuchungen der University of Auckland berichten, dass eine einmalige fäkale Mikrobiota-Transplantation (FMT) in Kapselform messbare Reduktionen des metabolischen Syndroms bewirkte, die mindestens vier Jahre anhielten. Das metabolische Syndrom ist ein Bündel klinischer Merkmale — erhöhter Blutdruck, hoher Nüchternglukose- und Triglyceridspiegel, niedriges HDL-Cholesterin und vermehrter Taillenumfang — die zusammen das Risiko für Typ‑2‑Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen.
Studienaufbau und Methoden
Die ursprüngliche randomisierte, placebokontrollierte Studie rekrutierte 87 junge Erwachsene mit Adipositas. Die Teilnehmenden erhielten entweder eine einmalige Behandlung mit FMT‑Kapseln, die darauf ausgelegt waren, eine metabolisch günstige bakterielle Gemeinschaft einzuschleusen, oder Placebo‑Kapseln. Die neue Analyse untersuchte 55 dieser Teilnehmenden nach vier Jahren erneut: 27 in der FMT‑Gruppe und 28 in der Placebo‑Gruppe. Die Forschenden beurteilten erneut die Kriterien des metabolischen Syndroms, die Körperzusammensetzung einschließlich Körperfettanteil, den Body‑Mass‑Index (BMI) sowie das Fortbestehen donor‑abgeleiteter Darmmikroben.
Zentrale Befunde und Bedeutung
Obwohl BMI und Gesamtgewicht bei der vierjährigen Nachuntersuchung zwischen den Gruppen nicht signifikant unterschiedlich waren, zeigte die FMT‑Gruppe anhaltende Verbesserungen der Scores für das metabolische Syndrom und mehrerer kardiometabolischer Marker, darunter ein niedrigerer Körperfettanteil. Das deutet darauf hin, dass sich Stoffwechselgesundheit unabhängig von großen Gewichtsveränderungen verbessern kann. Das Fortbestehen einiger donor‑abgeleiteter Bakterienstämme in den Mikrobiomen der Empfänger spricht dafür, dass eine einmalige Intervention langfristige Verschiebungen in der Gemeinschaft des Darmökosystems auslösen kann.
Pädiatrischer Endokrinologe Wayne Cutfield von der University of Auckland wird im Studienkontext mit den Worten zitiert: 'Das metabolische Syndrom hat gravierende Folgen, darunter eine Verdopplung des Sterberisikos durch Herzkrankheiten oder Schlaganfall und ein fünffach erhöhtes Risiko für Typ‑2‑Diabetes.' Er ergänzt, dass die anhaltende Reduktion des metabolischen Syndroms nach einer FMT darauf hindeutet, dass die Teilnehmenden ein dauerhaft deutlich geringeres Risiko für Diabetes und kardiovaskuläre Erkrankungen haben könnten.
Persistenz mikrobieller Stämme und Wirkmechanismus
Die Autorinnen und Autoren berichten, dass Bestandteile der 'gesunden' mikrobiellen Gemeinschaft bis zu vier Jahre nach der Behandlung nachweisbar blieben. Während die genauen Wirkmechanismen noch untersucht werden, stützt die aktuelle Evidenz bidirektionale Interaktionen: Ernährung und Wirtsphysiologie formen das Darmmikrobiom, während mikrobielle Metabolite und Signalmoleküle Wirts‑Stoffwechselwege, Entzündungsprozesse und Insulinsensitivität beeinflussen.

Risiken, Einschränkungen und Kontext
Während FMT bei bestimmten Infektionen (insbesondere rezidivierender Clostridioides difficile) starke klinische Vorteile gezeigt hat, gilt ihr Einsatz bei Stoffwechselerkrankungen derzeit als experimentell. FMT kann Risiken bergen, etwa dieÜbertragung pathogener Organismen oder unerwünschter Eigenschaften; das Feld bewegt sich hin zu kontrollierteren Ansätzen wie definierten mikrobiellen Konsortien und gezielten Next‑Generation‑Probiotika. Die Stichprobe der Studie war relativ klein und auf junge Erwachsene mit Adipositas beschränkt, daher sind größere und diversere Studien nötig, um Wirksamkeit und Sicherheit zu bestätigen und zu klären, welche mikrobiellen Stämme oder Konsortien am vorteilhaftesten sind.
Expertinnen‑ und Experteneinschätzung
Dr. Maya Patel, Mikrobiomforscherin und Wissenschaftskommunikatorin, kommentiert: 'Diese Studie ist ein wichtiges Proof‑of‑Principle. Sie zeigt, dass die Veränderung des Darmökosystems nachhaltige metabolische Effekte haben kann, selbst ohne großen Gewichtsverlust. Der nächste Schritt ist, die spezifischen mikrobiellen Funktionen zu isolieren, die für verbesserte Glukose‑ und Lipidprofile verantwortlich sind, und diese in standardisierte Therapien mit vorhersagbaren Sicherheitsprofilen zu überführen.'
Zukünftige Richtungen
Die Forschenden planen größere klinische Studien und tiefere Mikrobiomanalysen, um die mikrobiellen Arten und Stoffwechselwege zu identifizieren, die mit verbesserten Ergebnissen beim metabolischen Syndrom verbunden sind. Translationale Ziele umfassen Next‑Generation‑Probiotika und designte mikrobielle Therapien, die die vorteilhaften Effekte einer FMT liefern, ohne die Variabilität oder Sicherheitsbedenken einer Ganz‑Stuhl‑Transplantation. Wie der Genetiker Justin O'Sullivan von der University of Auckland anmerkt: 'Diese Arbeit ebnet den Weg für Next‑Generation‑Probiotika, die gezielt bestimmte Erkrankungen durch anhaltende Veränderungen des Mikrobioms adressieren.'
Fazit
Eine einmalige FMT‑Kapselbehandlung führte in dieser Nachuntersuchung zu anhaltenden Verringerungen von Markern des metabolischen Syndroms über vier Jahre und senkte damit trotz fehlender signifikanter BMI‑Veränderung das langfristige Risiko für Typ‑2‑Diabetes und kardiovaskuläre Erkrankungen. Die Ergebnisse heben das Darmmikrobiom als vielversprechendes Ziel für die Prävention von Stoffwechselerkrankungen hervor und unterstreichen gleichzeitig die Notwendigkeit größerer Studien, mechanistischer Untersuchungen sowie sichererer und besser standardisierter Mikrobiom‑Therapien.
Quelle: nature
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