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Studienzusammenfassung und Kontext
Ein Team der Washington University School of Medicine in St. Louis berichtet, dass Lemborexant, ein von der FDA zugelassenes Schlafmedikament, bei Mäusemodellen neurodegenerativer Erkrankungen gesündere Schlafmuster wiederherstellte und tau‑bedingte Hirnschäden verringerte. Die peer‑reviewte Studie, veröffentlicht in Nature Neuroscience, verbindet verbesserten Schlaf mit niedrigeren Werten des abnormalen Tau-Proteins, reduzierter Neuroinflammation und weniger neuronalem Verlust bei Mäusen, die zu Tau-Akkumulation neigen.
Ein bekanntes, von der FDA zugelassenes Schlafmittel stellte gesünderen Schlaf wieder her und schwächte tau‑bedingte Hirnschäden bei Alzheimer‑Modellmäusen ab, was Schlafnetzwerke als Ansatzpunkt gegen Neurodegeneration hervorhebt. Durch die Blockade der Orexin-Signalgebung reduzierte das Medikament abnormales Tau und Entzündungen — ein Ansatz, der Anti‑Amyloid‑Therapien ergänzen könnte. Quelle: Shutterstock
Erstautorin Samira Parhizkar, PhD, und Seniorautor David M. Holtzman, MD, zeigen, dass die gezielte Beeinflussung schlafregulierender Netzwerke molekulare Wege beeinflussen kann, die mit Alzheimer und anderen Tauopathien verknüpft sind. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Orexinrezeptorantagonisten wie Lemborexant nützliche Ergänzungen zu bestehenden Anti‑Amyloid‑Behandlungen sein könnten, die bisher nur partielle Wirkung auf das Fortschreiten der Erkrankung zeigten.
Wirkmechanismus, experimentelles Design und Ergebnisse
Lemborexant ist ein dualer Orexinrezeptorantagonist und blockiert beide Orexinrezeptortypen 1 und 2. Orexine sind Neuropeptide, die Wachheit fördern und physiologische Prozesse wie Schlaf‑Wach‑Zyklen und Appetit modulieren. Durch die Hemmung der Orexin‑Signalgebung veränderte Lemborexant die Schlafarchitektur der behandelten Mäuse und schien die abnorme Phosphorylierung sowie Aggregation des Tau‑Proteins zu vermindern. Überschüssige Phosphatmarkierungen auf Tau fördern dessen Verklumpung, was Entzündungen und neuronalen Zelltod in mehreren neurodegenerativen Erkrankungen auslöst.

Eine neue Studie der WashU Medicine‑Forschenden legt nahe, dass Lemborexant und ähnlich wirkende Schlafmittel helfen könnten, Schäden zu behandeln oder zu verhindern, die durch schädliche Tau‑Ablagerungen in verschiedenen neurodegenerativen Erkrankungen, einschließlich Alzheimer, verursacht werden. Abgebildet sind Querschnitte von Hirngewebe zweier Mäuse, die genetisch zu Tau‑Akkumulation neigen. Die Behandlung mit Lemborexant (rechts) führt zu einem größeren Hippocampus‑Volumen (zentrale violette Spirale), das für Gedächtnis wichtig ist, und zu einem kleineren Gewebeverlust (weißer Raum) im Vergleich zur Nichtbehandlung (links). Quelle: Samira Parhizkar/WashU Medicine
Bei genetisch veränderten Mäusen, die typischerweise Tau‑Pathologie entwickeln, behielten lemborexant‑behandelte Männchen ein um 30 bis 40 Prozent größeres Hippocampus‑Volumen als unbehandelte Kontrollen. Die Studie verglich Lemborexant direkt mit Zolpidem, einem sedativ‑hypnotischen Mittel, das GABA‑Signalgebung verstärkt: Zolpidem erhöhte zwar den Schlaf, verringerte aber weder die Tau‑Akkumulation noch die damit verbundene Neurodegeneration. Dieser Kontrast stützt die Annahme, dass der neuroprotektive Effekt von einer Modulation des Orexin‑Pfades abhängt und nicht allein von der Schlafdauer. Wichtig ist, dass Lemborexant in diesen Modellen die motorische Koordination nicht beeinträchtigte, was für einen möglichen Einsatz bei kognitiv beeinträchtigten Personen von Bedeutung ist.
Die Forschenden beobachteten die positiven Effekte hauptsächlich bei männlichen Mäusen, ein geschlechtsspezifisches Ergebnis, das weiter untersucht wird. Holtzman weist darauf hin, dass weibliche Mäuse in diesem Modell bereits eine weniger schwere Degeneration im Ausgangszustand zeigten, was den nachweisbaren Nutzen des Medikaments in dieser Gruppe eingeschränkt haben könnte.
Implikationen für die Alzheimer‑Versorgung und künftige Forschung
Diese präklinische Arbeit identifiziert Schlafnetzwerke als veränderbaren Beitrag zur Tau‑Pathologie. Da derzeit zugelassene, amyloid‑gerichtete Behandlungen zwar einige Krankheitsaspekte reduzieren, das Fortschreiten jedoch nicht vollständig stoppen, könnte die Kombination von Anti‑Amyloid‑Therapien mit Wirkstoffen, die Tau‑Akkumulation begrenzen, eine vielversprechende Strategie darstellen. Lemborexant und andere Orexinrezeptorantagonisten verfügen bereits über Sicherheits‑ und Pharmakologiedaten aus der Anwendung beim Menschen zur Behandlung von Insomnie, was translationale Studien beschleunigen könnte.
Allerdings garantieren Ergebnisse bei Mäusen keinen Nutzen beim Menschen. Klinische Studien sind erforderlich, um zu prüfen, ob Orexinantagonisten die Tau‑Akkumulation verlangsamen, Entzündungen reduzieren und die Kognition bei Menschen mit Risiko für oder in frühen Stadien von Alzheimer und verwandten Tauopathien erhalten. Das untersuchte Medikament wurde im Rahmen einer kooperativen Forschungsvereinbarung von Eisai zur Verfügung gestellt.
Verwandte Technologien und Forschungsrichtungen
Zukünftige Arbeiten könnten kombinierte Ansätze erforschen, die sowohl Amyloid als auch Tau adressieren, Biomarker zur nichtinvasiven Überwachung der Tau‑Phosphorylierung entwickeln und untersuchen, ob Chronotherapie oder optimierte Dosierungspläne die Ergebnisse verbessern. Das Verständnis geschlechtsspezifischer Unterschiede, die langfristige Sicherheit bei älteren Erwachsenen und Wechselwirkungen mit anderen Therapien gegen Neurodegeneration wird entscheidend sein.
Experteneinschätzung
Dr. Elena Morales, klinische Neurologin und Schlafforscherin, kommentiert: 'Diese Ergebnisse sind überzeugend, weil sie einen mechanistisch begründeten Ansatz zeigen und nicht nur eine symptomatische Schlafförderung. Der Einsatz von Medikamenten, die Schlafnetzwerke umgestalten, könnte eine neue therapeutische Achse gegen Tau eröffnen. Die Übertragung der Mäuseergebnisse auf menschliche Studien erfordert jedoch sorgfältig biomarkergetriebene Designs und Beachtung geschlechtsspezifischer Effekte.'
Fazit
Die Studie positioniert Lemborexant und ähnliche Orexinrezeptorantagonisten als vielversprechende Kandidaten, um Tau‑Pathologie durch Modulation der Schlafschaltkreise zu beeinflussen. Während präklinische Befunde eine mögliche Rolle bei der Vorbeugung oder Verlangsamung tau‑bedingter Neurodegeneration stützen, sind klinische Studien erforderlich, um Wirksamkeit, optimale Dosierung und Sicherheit bei Menschen mit oder mit Risiko für Alzheimer und andere Tauopathien zu bewerten.
Quelle: scitechdaily
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