Binance-Anwältin weist Vorwürfe zur Begnadigung zurück

Teresa Goody Guillén, Anwältin von Binance-Gründer CZ, weist Pay-to-Play-Vorwürfe zurück, erklärt den Unterschied zwischen regulatorischen AML-Verstößen und Geldwäsche sowie die Rolle von Medien, Stablecoins und Compliance.

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Binance-Anwältin weist Vorwürfe zur Begnadigung zurück

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Binance-Gründer: Anwältin weist Pay-to-Play-Vorwürfe zurück

Teresa Goody Guillén, die persönliche Anwältin des Binance-Gründers Changpeng Zhao (CZ), hat alle Behauptungen entschieden zurückgewiesen, wonach die Präsidialbegnadigung für CZ das Ergebnis eines bezahlten Einflussnahme-Arrangements („pay-to-play“) gewesen sei. In einem Interview auf Anthony Pompliano’s Podcast bezeichnete Guillén die Vorwürfe als „bodenlos“ und betonte, dass sie auf unbestätigten Berichten und wiederholten Medienannahmen beruhten und nicht auf dokumentierten Fakten.

Regulatorische Vorwürfe, keine Geldwäsche, sagt Guillén

Guillén stellte klar, dass sich die Anklagen gegen CZ auf das Versäumnis von Binance beziehen, angemessene Anti-Geldwäsche-(AML-)Compliance-Programme umzusetzen — also auf regulatorische Verstöße, die durch Behörden wie das US-Justizministerium (DOJ), die Commodity Futures Trading Commission (CFTC) und das Financial Crimes Enforcement Network (FinCEN) überwacht werden. Es habe demnach keine Vorwürfe gegeben, dass CZ persönlich in Geldwäsche, betrügerische Machenschaften gegenüber identifizierbaren Opfern oder in die Verwendung von Erlösen aus illegalen Aktivitäten verwickelt gewesen sei.

„Das ist eine regulatorische Verfehlung. Es liegt keine Geldwäsche vor“, erklärte sie und meinte damit, dass Staatsanwälte nicht hätten wegen schwerer Straftaten gegen CZ vorgehen sollen. Guillén hob hervor, dass Mängel im Compliance-Bereich sich grundsätzlich von strafbaren Handlungen wie der Verarbeitung illegaler Erlöse, strukturierter Geldwäsche oder Betrug an konkreten Opfern unterscheiden. Diese Differenzierung von Compliance-Verstößen gegenüber strafrechtlich relevanten Handlungen ist zentral für die juristische Bewertung solcher Fälle und beeinflusst sowohl strafrechtliche Konsequenzen als auch aufsichtsrechtliche Maßnahmen.

Im weiteren Verlauf des Gesprächs erläuterte Guillén technische und organisatorische Aspekte eines AML-Programms: Risikobewertungen, Know-Your-Customer-(KYC-)Prozesse, Transaktionsüberwachung, Verdachtsmeldungen (Suspicious Activity Reports, SARs) und die Implementierung angemessener Governance-Strukturen. Sie betonte, dass viele der von Regulierungsbehörden monierten Defizite technische oder dokumentarische Lücken betreffen — also eher auf Compliance-Implementierung als auf vorsätzliche Straftaten hindeuten. In der Praxis ist die Grenze zwischen zivil- oder aufsichtsrechtlichen Verstößen und strafrechtlich relevanten Handlungen oft Gegenstand intensiver juristischer Auseinandersetzungen.

Reaktionen auf Verbindungen zu Trump-nahen Krypto-Projekten

Mehrere Medienberichte haben die Begnadigung von CZ mit World Liberty Financial und deren Stablecoin USD-1 in Verbindung gebracht und dabei eine Beziehung zu ehemaligen Projekten des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump bzw. dessen Umfeld angedeutet. Guillén wies diese Verknüpfungen zurück und stellte fest, dass es keine belastbaren Belege dafür gebe, dass World Liberty Financial „Trumps Firma“ sei oder die Listung von USD-1 auf der Binance-Blockchain irgendeine besondere oder unzulässige Beziehung signalisiere.

„Nur weil ich etwas bei Craigslist einstelle, heißt das nicht, dass ich deshalb in einer besonderen Beziehung zum früheren CEO von Craigslist stehe“, sagte Guillén und machte damit bildhaft klar, dass Listungen auf Blockchains oder Krypto-Börsen nicht automatisch auf direkte Geschäftsbeziehungen zwischen den Beteiligten schließen lassen. Sie wies zudem darauf hin, dass USD-1 auf mehreren Blockchains existiert und von unterschiedlichen Handelsplätzen gelistet wird — was die These einer exklusiven Verbindung zu Binance oder zu bestimmten politischen Akteuren weiter abschwächt.

Aus Sicht der Compliance-Analyse ist wichtig zu erwähnen, dass Stablecoins wie USD-1 technisch auf unterschiedlichen Token-Standards basieren können (z. B. ERC-20, BEP-2/20) und oft auf mehreren Netzwerken emittiert werden. Die regulatorischen Fragen zu Stablecoins betreffen dabei nicht nur die technische Token-Architektur, sondern vor allem Governance, Reserven, Transparenz der Sicherheiten und die Einhaltung von Anti-Geldwäsche- und Sanktionsauflagen.

Medienquellen und Risiken von Fehlinformationen

Guillén kritisierte die Medien dafür, sich zu sehr auf second- und third-hand-Reporting zu stützen. Sie beschrieb ein Muster, bei dem Redaktionen Behauptungen wiederholen, die sie aus anderen Medien übernommen haben, anstatt primäre Quellen zu prüfen und Fakten zu verifizieren. Diese Praxis fördere die Verbreitung unbestätigter Narrative und erschwere die sachliche Debatte über komplexe regulatorische Fragen im Kryptosektor.

„Man sieht einen Medienbericht, der einen Medienbericht zitiert, der wiederum einen weiteren Medienbericht zitiert — und dahinter steht nichts weiter als Quellen, die ,jemandem nahe stehen‘, was oft nur ein Codewort für eine schwache Quelle ist“, sagte Guillén. Ihre Kritik weist auf ein generelles Problem der Nachrichtenberichterstattung hin: In schnelllebigen Rechts- und Politikgeschichten steigt der Druck, früh zu berichten, was ohne sorgfältige Quellenprüfung leicht zu Ungenauigkeiten führt.

Für die Informationsqualität in der Branche ist es entscheidend, zwischen belegbaren Fakten, juristischen Dokumenten (z. B. Anklageschriften, Gerichtsakten, regulatorischen Orders) und bloßen Spekulationen zu unterscheiden. Journalisten und Analysten werden aufgefordert, primäre Dokumente wie Behördenverfügungen, Gerichtsakten und offizielle Statements als Ausgangspunkt zu nutzen und Aussagen von direkten Quellen — Anwälten, Behördenvertretern oder Unternehmenssprechern — klar zu kennzeichnen.

Öffentliche Persönlichkeiten und ungenaue Behauptungen

Die Anwältin ging auch auf öffentliche Anschuldigungen ein und nannte explizit Senatorin Elizabeth Warren, deren Aussagen Guillén zufolge CZs Rolle falsch darstellten. Sie erinnerte daran, dass es unverantwortlich sei, Personen Straftaten zu unterstellen, ohne dass diese verurteilt worden seien, da dies die öffentliche Debatte über Krypto-Regulierung und Durchsetzung verzerren könne.

Guillén forderte eine differenzierte Debatte, in der politische Aussagen und mediale Darstellungen überprüfbar bleiben. In demokratischen Rechtsstaaten ist die Unschuldsvermutung ein zentrales Prinzip; zugleich wird von Führungspersonen erwartet, dass sie sich auf belegte Informationen stützen. Bei regulatorisch sensiblen Themen wie Marktintegrität, Verbraucherschutz und Finanzaufsicht ist diese Zurückhaltung besonders wichtig.

Aus Compliance-Perspektive bergen unpräzise oder zu pauschale Vorwürfe das Risiko, dass Regulierungsbehörden und politische Entscheidungsträger zu übermäßig restriktiven Maßnahmen greifen, die Innovationen hemmen können. Deshalb plädieren viele Fachleute für eine evidenzbasierte Regulierungspolitik, die klare Vorgaben für AML/KYC, Transparenz von Stablecoins und internationale Kooperation zwischen Aufsichtsbehörden vorsieht.

Kontext: Begnadigungen und Akteure der Krypto-Branche

Guillén ordnete CZs Begnadigung in einen weiteren historischen und rechtlichen Kontext ein und wies darauf hin, dass auch andere Führungspersonen der Krypto-Branche in der Vergangenheit Begnadigungen oder vergleichbare Erleichterungen erhalten haben. Sie verwies auf den ehemaligen BitMEX-CEO Arthur Hayes und die rechtlichen Folgen für das Unternehmen sowie auf historische Fälle wie Ross Ulbricht, um zu zeigen, dass Präsidialbegnadigungen nicht auf eine einzelne Branche beschränkt sind.

Solche Beispiele demonstrieren, dass Begnadigungen Teil eines komplexen Systems politischer und rechtlicher Entscheidungen sind, die je nach Einzelfall unterschiedliche Faktoren berücksichtigen: strafrechtliche Einschätzung, verfahrensrechtliche Aspekte, gesundheitliche oder humanitäre Erwägungen sowie politische Erwägungen. In der öffentlichen Diskussion ist es daher hilfreich, Begnadigungen analytisch zu betrachten und nicht nur als Indiz für Korruption oder unangemessenen Einfluss zu interpretieren.

Zudem betonte Guillén, dass die juristische Bewertung von Vorwürfen gegen Krypto-Unternehmen oft erhebliche technische und ökonomische Expertise erfordert. Viele Regulierungsfragen berühren Schnittstellen zwischen Technologie (z. B. Blockchain-Architektur), Finanzmarktinfrastruktur (z. B. Verwahrung und Settlement), und klassischem Finanzrecht (z. B. Geldwäschebekämpfung, Sanktionsrecht). Das macht Sachverständigengutachten und interdisziplinäre Expertise für Gerichte und Aufsichten unverzichtbar.

Binances Zukunft und laufende Compliance-Aufsicht

Guillén bestätigte, dass CZ nicht zur operativen Leitung von Binance zurückkehren werde, und betonte gleichzeitig, dass die Börse unter erheblichen regulatorischen Auflagen weiterbetrieben werde. Binance unterliegt der Aufsicht eines US-Treasury-Monitors und steht unter Einschränkungen durch das DOJ, die CFTC, das FinCEN und das Office of Foreign Assets Control (OFAC). Die Börse darf keine US-Privatkunden bedienen und muss strenge Compliance-Maßnahmen aufrechterhalten, während internationale Regulierungsbehörden die Aktivitäten des Unternehmens weiterhin bewerten.

Die Maßnahmen umfassen unter anderem organisatorische Auflagen, Berichterstattungspflichten, regelmäßige Prüfungen durch externe Monitore, Verbesserungen in der Transaktionsüberwachung und die Einrichtung robuster Governance-Strukturen. Solche Überwachungsmechanismen zielen darauf ab, Risiken im Bereich Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu reduzieren und sicherzustellen, dass Plattformen internationale Sanktionsauflagen einhalten. Für globale Krypto-Börsen bedeutet das meist einen erheblichen organisatorischen und finanziellen Aufwand, um regulatorischen Anforderungen in verschiedenen Rechtsordnungen gerecht zu werden.

Langfristig werden viele Marktteilnehmer erwarten, dass global abgestimmte Standards für Krypto-Compliance entstehen — etwa durch Instruments ähnlich dem Financial Action Task Force (FATF)-Rahmenwerk, durch bilaterale Abkommen zwischen Aufsichten oder durch multilaterale Regulierungsvorhaben. Die Praxis zeigt, dass Unternehmen, die in mehreren Jurisdiktionen tätig sind, besonders stark in die Entwicklung internationaler Compliance-Standards eingebunden sind und oft als Fallbeispiele für die Balance zwischen Innovation und Aufsichtsanforderungen dienen.

Folgen für Krypto-Märkte und Compliance

Die Diskussion um CZs Begnadigung und Guilléns Stellungnahmen unterstreicht zwei zentrale Themen für die Krypto-Branche: die Bedeutung robuster AML- und Compliance-Programme für Börsen und Stablecoin-Emittenten sowie die Notwendigkeit sorgfältiger, evidenzbasierter Berichterstattung zu rechtlichen und politischen Entwicklungen. Während Stablecoins wie USD-1 auf mehreren Blockchains zirkulieren und der Bereich der dezentralen Finanzdienstleistungen (DeFi) weiter wächst, werden Regulierer und Handelsplattformen gleichermaßen darauf achten, illegale Finanzflüsse zu verhindern und gleichzeitig legitime Innovationen zu unterstützen.

Für Marktteilnehmer und Beobachter ist Guilléns Darstellung eine Erinnerung daran, dass juristische Bezeichnungen wichtig sind: Regulatorische Verstöße haben andere Konsequenzen als strafrechtliche Anklagen wegen Geldwäsche oder Betrug. Diese Unterscheidung bleibt zentral dafür, wie Gerichte, Aufsichtsbehörden und die Öffentlichkeit Fälle bewerten, die große Börsenbetreiber und Gründer der Branche betreffen.

Aus technischer Sicht sollten Börsen und Stablecoin-Anbieter ihre Risikomanagement-Systeme weiterentwickeln. Dazu gehören verbesserte Know-Your-Customer-Prozesse, automatisierte Transaktionsmonitoring-Tools, klare Governance- und Reserve-Transparenz bei Stablecoins sowie regelmäßige unabhängige Prüfungen. Politisch und regulatorisch ist zu erwarten, dass künftige Anforderungen stärker auf Interoperabilität, grenzüberschreitende Kooperation und harmonisierte AML/KYC-Standards abzielen.

Schließlich hat die Debatte auch Einfluss auf Anlegervertrauen und Marktstruktur: Klare Regeln und verlässliche Durchsetzung erhöhen die Marktintegrität und können institutionellen Investoren mehr Sicherheit bieten. Gleichzeitig müssen Regulatoren das Innovationspotenzial der Kryptoindustrie berücksichtigen, damit rechtmäßige Geschäftsmodelle nicht durch übermäßige Sanktionen oder undifferenzierte politische Kritik behindert werden.

Insgesamt zeigt die Episode, wie eng Recht, Compliance und Medienberichterstattung in der Kryptobranche verflochten sind. Für nachhaltige Lösungen bedarf es transparenter Kommunikation, evidenzbasierter Regulierung und praxisorientierter Compliance-Standards, die sowohl Prävention von Finanzkriminalität als auch technologische Weiterentwicklung ermöglichen.

Quelle: crypto

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