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Die Wissenschaft des getrennten Schlafens
In den letzten Jahren hat das Konzept des sogenannten „Schlafscheidungs“ – also das bewusste Schlafen in getrennten Betten oder Schlafzimmern – unter Paaren zunehmende Aufmerksamkeit in Forschung und Gesundheitswesen erlangt. Obwohl diese Praxis heute einen modernen Namen trägt, ist sie historisch tief verwurzelt: Schon im europäischen Adel vergangener Jahrhunderte waren getrennte Schlafräume ein Zeichen von Wohlstand und gesellschaftlichem Status. Heutzutage steht das gemeinsame Bett hingegen oft als Symbol für Nähe und Partnerschaft.
Trotzdem erkennen viele Paare, dass gemeinsames Schlafen die Schlafqualität beeinträchtigen kann. Unterschiedliche Schlafgewohnheiten, Schnarchen, unruhige Bewegungen oder abweichende Vorlieben für Raumtemperatur und Licht können die Nachtruhe stören. Deshalb entscheiden sich immer mehr Menschen für das Schlafen in getrennten Betten oder Zimmern, um erholsamen Schlaf zu fördern – und nicht selten verbessern sich dadurch auch die Beziehungen.
Warum immer mehr Paare getrennte Schlafbereiche wählen
Typische Ursachen nächtlicher Störungen
Es gibt viele Gründe, warum das Teilen eines Bettes zu Schlafstörungen führen kann:
- Abweichende Schlaf- und Aufstehzeiten, besonders bei Schichtarbeit.
- Schnarchen, Sprechen im Schlaf oder periodische Bewegungen während der Nacht.
- Eltern von Babys oder Kleinkindern erleben häufig nächtliches Aufwachen.
- Unterschiedliche Vorlieben bezüglich Temperatur, Lärmpegel oder Helligkeit im Schlafzimmer.
Gerade in diesen Situationen können getrennte Schlafbereiche helfen, Unterbrechungen zu vermeiden und einen regelmäßigen, gesunden Schlaf zu ermöglichen. Laut der American Academy of Sleep Medicine schläft mittlerweile etwa jedes vierte Paar in den USA zumindest zeitweise in getrennten Schlafräumen.

Vorteile vom alleinigen Schlafen: Was die Forschung zeigt
Obwohl viele Paare emotionale Geborgenheit durch das Teilen des Bettes empfinden, zeigen objektive Untersuchungen oft ein anderes Bild. Mit Methoden wie dem Elektroenzephalogramm (EEG) wurde festgestellt, dass das Schlafen mit einer anderen Person die Schlafeffizienz mindern und die Zahl nächtlicher Störungen erhöhen kann – insbesondere, wenn ein Partner an Schlafstörungen wie Insomnie oder Schlafapnoe leidet.
Eine Studie aus dem Jahr 2020 im Fachjournal „Sleep Medicine Reviews“ belegt, dass Menschen, die mit Partnern mit Schlafstörungen das Bett teilen, selbst häufiger untergerissener schlafen, was zu Tagesmüdigkeit, Leistungsproblemen und auch erhöhtem Beziehungskonflikt führen kann. Schlechte Schlafqualität beeinflusst zudem maßgeblich die Zufriedenheit in der Partnerschaft, da dauerhafte Übermüdung Stimmung, Geduld und Kommunikation beeinträchtigen kann.
Dr. Wendy Troxel, Schlafpsychologin bei der RAND Corporation, betont: „Wenn Menschen ihre individuellen Schlafbedürfnisse ernst nehmen – gemeinsam oder getrennt – stärkt das oftmals die Beziehung.“
Vor allem Menschen, die an chronischer Insomnie leiden, profitieren häufig von getrennten Schlafplätzen. Die Gewissheit, nicht gestört zu werden oder niemanden zu stören, schafft mehr Entspannung vor dem Einschlafen und erleichtert den Weg zu besserem und tieferem Schlaf.
Herausforderungen und gesellschaftliche Sichtweisen beim getrennten Schlafen
Trotz nachweislicher Vorteile bringt das getrennte Schlafen für manche Paare emotionale und praktische Hürden mit sich. Für viele symbolisiert das gemeinsame Bett Geborgenheit und Nähe; getrennt zu schlafen kann dagegen Gefühle von Einsamkeit oder Unsicherheit auslösen und wird oft gesellschaftlich missverstanden.
Zudem besteht das Vorurteil, getrennte Schlafplätze könnten auf Beziehungsprobleme oder fehlende Intimität hindeuten. Neuere Studien belegen jedoch: Wer besser schläft, ist oft ausgeglichener, was wiederum die Paarzufriedenheit und das Bedürfnis nach Nähe positiv beeinflussen kann.
Es gibt aber auch praktische Herausforderungen. Nicht jede Wohnung bietet ausreichend Platz für separate Schlafzimmer, oder es fehlen die finanziellen Möglichkeiten für zusätzliche Betten. In solchen Fällen können Ohrstöpsel, White-Noise-Maschinen oder Schlafmasken helfen, Störfaktoren zu reduzieren.

Empfehlungen für Paare, die eine Schlaftrennung in Erwägung ziehen
Für Paare, die regelmäßig wegen nächtlicher Störungen, unterschiedlicher Zeitpläne oder abweichender Schlafumgebungs-Vorlieben Schlafmangel erleben, kann ein Schlaf-Test in getrennten Betten sinnvoll sein. Experten betonen jedoch, dass diese Lösung nicht für alle gleichermaßen passt. In manchen Fällen ist ein flexibles Modell – getrennt an Werktagen, gemeinsam am Wochenende – hilfreich, oder es genügt, die Trennung auf Phasen erhöhter Schlafprobleme zu beschränken.
Entscheidend ist offene Kommunikation: Paare sollten ihre individuellen Schlafbedürfnisse ehrlich besprechen, Erwartungen klären und Routinen zur Erhaltung von Nähe vereinbaren, etwa einen festen Zeitraum für Kuscheln oder gemeinsames Aufwachen, wie es Schlafexperten empfehlen.
Wer jedoch über längere Zeit unter Problemen wie lautes Schnarchen, unruhige Bewegungen oder auffälligem Verhalten in der Nacht leidet, sollte einen Arzt oder Schlafmediziner aufsuchen. Vor allem Schlafapnoe wird oft unterschätzt, kann aber sowohl für den Betroffenen als auch den Partner schwerwiegende Folgen haben – eine Therapie verbessert meist die Schlafqualität beider erheblich.
Fazit
Getrennte Betten oder Schlafzimmer bedeuten nicht zwangsläufig das Scheitern einer Partnerschaft. Für viele Paare kann eine bewusste Schlaftrennung zu mehr Erholung und einer glücklicheren Beziehung beitragen. Moderne Schlafwissenschaften zeigen: Individuelle Schlaflösungen – ob gemeinsam oder getrennt – unterstützen eine gesunde, ausgeruhte und emotional verbundene Partnerschaft. Wer auf Schlafhygiene und offene Kommunikation achtet, legt das Fundament für ein zufriedenes und harmonisches Miteinander.
Quelle: theconversation
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