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Einleitung: Licht auf kosmische Röntgen-Ausbrüche werfen
Seit mehr als fünfzig Jahren geben rätselhafte Röntgen-Ausbrüche, sogenannte schnelle Röntgen-Transienten (FXTs), Astronomen weltweit Rätsel auf. Diese kurzlebigen, aber sehr energiereichen Phänomene blitzen für Sekunden bis Stunden in fernen Galaxien auf und hinterließen bislang kaum Anhaltspunkte über ihren Ursprung. Eine aktuelle Studie eines internationalen Teams von Astrophysikern hat nun die Hintergründe der FXTs entschlüsselt: Sie stehen in direktem Zusammenhang mit sterbenden massereichen Sternen und deren gescheiterten Jets. Damit erweitert diese Entdeckung unser Verständnis der Sternentwicklung und der energetischsten Prozesse im Universum.
Wissenschaftlicher Kontext: Gammablitze und Supernovae
Supernovae markieren das spektakuläre Ende massereicher Sterne, meist mit dem 15- bis 30-fachen Gewicht unserer Sonne. In diesen Explosionen kollabiert der Kern und schleudert durch starke Stoßwellen die äußeren Sternschichten in den Weltraum. Manchmal entstehen dabei energiereiche Materiestrahlen (Jets), die das Sterneninnere durchbrechen – dies führt zu sogenannten Gamma-Ray Bursts (GRBs), den leuchtkräftigsten Explosionen des Kosmos.
Doch nicht jedem Jet gelingt der Durchbruch. Dr. Jillian Rastinejad, Astronomin an der Northwestern University, erklärt: „Seit den 1970er-Jahren beobachten Astronomen FXTs – schnelle Röntgen-Ausbrüche aus fernen Galaxien, die Sekunden bis Stunden andauern können – doch ihre Quellen blieben lange ein ungelöstes Rätsel. Unsere Forschung zeigt nun eindeutig, dass FXTs im Zusammenhang mit den explosiven Toden massereicher Sterne stehen.“

Bahnbrechende Entdeckung: Das Röntgen-Ereignis 2025 und seine Erforschung
Am 8. Januar 2025 wurde ein Schlüsselereignis im All beobachtet: Das moderne Röntgenteleskop Einstein Probe im Erdorbit registrierte einen FXT aus einer Entfernung von 2,8 Milliarden Lichtjahren – eine einzigartige Gelegenheit für Beobachtungen mit zahlreichen Teleskopen über verschiedene Wellenlängen hinweg. Nachfolgende Untersuchungen mit optischen und infraroten Teleskopen verknüpften das FXT-Signal (EP 250108a) klar mit einer Supernova, benannt als SN 2025kg oder „Das Känguru“.
Das Forschungsteam fand heraus, dass es sich bei SN 2025kg um eine seltene Supernova vom Typ Ic-BL handelte. Diese entsteht, wenn ein massereicher Stern zuvor seine äußeren Schichten verliert und dann kollabiert. Dabei werden hochschnelle Auswurfmassen mit annähernd 19.000 Kilometern pro Sekunde in das All geschleudert.
Die Ursache der FXTs: Gefangene Jets als Auslöser
Der entscheidende Befund lag im Schicksal der Jets: Normalerweise entstehen GRBs, wenn die energiereichen Materiestrahlen die äußeren Sternschichten vollständig durchdringen und intensive Gamma-Strahlen ins All senden. Im Fall von EP 250108a jedoch wurden die Jets in den dichten, ausgeworfenen Sternenhüllen eingeschlossen. Diese „erstickten“ Jets verursachen dennoch Schockwellen, heizen ihr Umfeld jedoch vor allem auf Röntgenenergie auf und lösen so FXTs statt der energiereicheren Gamma-Ausbrüche aus.
„Die Beobachtungen – insbesondere die frühen Phasen der Entwicklung von EP 250108a – zeigen, dass Explosionen massereicher Sterne je nach Verlauf sowohl GRBs als auch FXTs hervorbringen können. Entscheidend ist, ob die Jets entkommen oder eingeschlossen bleiben“, erläutert Dr. Rob Eyles-Ferris von der University of Leicester. „Diese FXT-Supernova ähnelt fast wie ein Zwilling früheren Supernovae, die mit GRBs assoziiert waren.“

Bedeutung und Zukunftsperspektiven der Hochenergie-Astrophysik
Bemerkenswert ist, dass die Studie aufzeigt: Verborgene Jets, die FXTs erzeugen, sind vermutlich häufiger als die erfolgreichen GRB-Jets. „Aus Jahrzehnten der Erforschung wissen wir, dass Jets bei Sternexplosionen gelegentlich die äußeren Schichten durchdringen und wir diese als GRBs beobachten“, so Dr. Rastinejad. „Unsere Ergebnisse deuten jedoch darauf hin, dass dieses 'eingeschlossene Jet'-Szenario bei Supernovae sogar häufiger vorkommt.“
Die Erforschung der FXTs löst nicht nur ein langjähriges astrophysikalisches Rätsel, sondern schafft zugleich eine neue Möglichkeit, das Sterben massereicher Sterne zu erfassen. Über Beobachtung und Analyse von FXTs können Astronomen die innersten Bedingungen sterbender Sterne besser verstehen und die Vielfalt der Supernova-Mechanismen sowie die letzten Lebensphasen von Sternen erforschen.
Obwohl wichtige Fragen beantwortet werden konnten, bleiben Details ungeklärt – etwa, welche Bedingungen dazu führen, dass Jets stecken bleiben und ein FXT statt eines GRBs auslösen. Neue und geplante Hochenergie-Observatorien wie die Einstein Probe sowie weiterentwickelte optische und infrarote Himmelsdurchmusterungen werden entscheidend dazu beitragen, mehr FXTs zu entdecken und unser Modell gewaltiger Sternexplosionen zu verfeinern.
Fazit
Die Lösung des Rätsels um schnelle Röntgen-Transienten ist ein Meilenstein der Astrophysik und bringt eine neue Klasse kosmischer Phänomene ans Licht, die das Ende massereicher Sterne markieren. Die Erkenntnis, dass erstickte Jets diese kurzzeitigen Röntgen-Ausbrüche verursachen, bereichert nicht nur das Wissen um Supernovae und Gamma-Ray Bursts, sondern betont auch die Vielfalt der Prozesse am Lebensende von Sternen. Mit weiteren Studien werden Astronomen künftig noch tiefere Einblicke in die faszinierenden Mechanismen der heftigsten und eindrucksvollsten Ereignisse des Universums gewinnen.
Quelle: noirlab
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