Supercool‑Zement: Durchbruch in der passiven Kühlung von Gebäuden

Supercool‑Zement: Durchbruch in der passiven Kühlung von Gebäuden

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Ein Durchbruch in der passiven Kühlung

Klimaanlagen sind effektiv, aber energieintensiv. Ingenieure und Materialwissenschaftler der Southeast University in China haben eine neuartige Zementformulierung vorgestellt, die die Abhängigkeit von Klimaanlagen deutlich verringern könnte, indem sie Gebäudeflächen durch passive Kühlung kühler hält. In Science Advances veröffentlicht, kombiniert dieser „Supercool“-Zement Lichtreflexion und Wärmestrahlung, um Sonnenwärme abzuweisen, bevor sie zu innerer Erwärmung wird.

Wie der Supercool-Zement funktioniert

Traditioneller Beton und Zement absorbieren einen großen Teil der infraroten Sonnenstrahlung und speichern diese Energie als Wärme, wodurch die Innentemperaturen steigen und der Kühlbedarf zunimmt. Das Forschungsteam unter der Leitung von Wei She entwickelte den Zement auf chemischer und mikrostruktureller Ebene neu, um dieses Verhalten zu ändern. Das Ergebnis ist ein Material, das so konstruiert ist, dass es eintreffendes Sonnenlicht reflektiert und gleichzeitig thermische Energie in den Himmel abstrahlt – es wirkt gleichzeitig wie ein Spiegel und ein Radiator.

Ettringit-Kristalle und Oberflächenstrukturierung

Die Schlüsselinnovation ist eine Oberflächenschicht, die mit mikroskopischen, reflektierenden Ettringit-Kristallen versehen ist. Die Forscher mahlten Pellets aus weit verbreiteten Mineralien wie Kalkstein und Gips zu feinen Pulvern, mischten sie mit Wasser und gossen die Schlämmphase in eine Silikonform, die perforiert war, um mikroskopische Oberflächenhohlräume zu erzeugen. Diese Hohlräume förderten das Wachstum von Ettringit-Kristallen, die die Sonnenreflexion erhöhen und gleichzeitig die Emissivität im mittleren Infrarot verbessern – zwei Eigenschaften, die für leistungsfähige strahlungsbasierte Kühlung entscheidend sind.

Prüfungen und Leistung

Die Feldvalidierung wurde auf einem Flachdach der Purdue University durchgeführt. Unter der intensiven Mittagssonne war die Zementoberfläche etwa 5,4 °C kühler als die Umgebungsluft – ein bedeutender Vorsprung für passive Kühlmaterialien. Neben Temperaturmessungen durchlief das Material mechanische, umweltbezogene und optische Dauerhaftigkeitstests, um seine Widerstandsfähigkeit unter realen Bedingungen zu bewerten.

Ein direkter Test der Erhärtungszeit zeigte das schnell abbindende Design des Supercool-Zements, das mit dem traditionellen Vicat-Nadeltest nicht direkt bewertet werden kann. Bereits 6 Minuten nach der Hydratation hatte der Supercool-Zement genügend Steifigkeit entwickelt, um dem Aufprall einer 200 g schweren Eisenkugel standzuhalten; es entstand lediglich eine kleine Delle.

Produkteigenschaften

  • Hohe Sonnenreflexion und starke Emissivität im mittleren Infrarotbereich für strahlungsbasierte Kühlung.
  • Mikrostrukturierte Oberfläche mit Ettringit-Kristallen, die die optische Leistung verbessern.
  • Schnell abbindendes Verhalten, demonstriert durch Aufprallresistenz wenige Minuten nach der Hydratation.
  • Ausgelegt auf mechanische, umwelt- und optische Dauerhaftigkeit bei Außenanwendung.
  • Hergestellt aus reichlich vorhandenen Mineralien – kompatibel mit bestehenden Zementproduktionsrohstoffen.

Vergleich mit konventionellen Materialien

Im Vergleich zu herkömmlichem grauem Beton und vielen weißen reflektierenden Beschichtungen bietet der Supercool-Zement eine kombinierte Strategie: Er wehrt Sonnenlicht ab und strahlt gleichzeitig aktiv thermische Energie ab. Im Gegensatz zu beschichteten „cool roofs“, die primär auf Reflexion setzen, erhöht dieser Zement die Emissivität im mittleren Infrarot durch gezielt eingebrachte Mineralkristalle. Im Vergleich zu fortschrittlichen Polymerfolien oder teuren passiven Kühlbeschichtungen nutzt der Supercool-Zement vertraute Rohstoffe und industrielle Prozesse, was die Skalierbarkeit und Integration in Gebäudehüllen verbessert.

Vorteile und Umweltauswirkung

Über die Senkung der Oberflächentemperaturen und die Verringerung der Klimaanlagenlast hinaus wandte das Forschungsteam maschinelles Lernen in der Lebenszyklusanalyse an und stellte fest, dass die Technologie über einen Zeitraum von 70 Jahren in bestimmten Einsatzszenarien einen netto-negativen Kohlenstoff-Fußabdruck erreichen könnte. Diese Kombination aus Energieeinsparung und potenziellen CO2-Vorteilen positioniert den Supercool-Zement als energieeffizientes, kohlenstoffarmes Baumaterial für klimaempfindliche urbane Infrastruktur.

Einsatzbereiche und Marktrelevanz

Mögliche Anwendungen umfassen Dachplatten, Fassadenverkleidungen, Parkdecks und Maßnahmen zur Minderung des urbanen Wärmeinseleffekts in heißen Klimazonen. In Städten, in denen Gebäude etwa 40 % des Energieverbrauchs und rund 36 % der Emissionen ausmachen, kann skalierbare passive Kühlung unmittelbare Einsparungen bei den Energiekosten und eine verbesserte thermische Behaglichkeit im Freien bringen. Der Ansatz ist für Architekten, Bauingenieure, Gebäudeeigentümer und Nachhaltigkeitsbeauftragte relevant, die integrierte Energieeffizienzlösungen suchen.

Herausforderungen und Ausblick zur Kommerzialisierung

Obwohl Labor- und Dachtests vielversprechend sind, erfordert die Kommerzialisierung Demonstrationen im großen Maßstab, Anpassungen der Lieferkette, Kosten-Nutzen-Analysen und Leistungsvalidierungen in unterschiedlichen Klimazonen. Die Integration in bestehende Zementfertigung und Bauabläufe wird die Geschwindigkeit der Markteinführung bestimmen. Dennoch stellt die Forschung einen wichtigen Schritt für klimaintelligente Baustoffe dar und zeigt, wie Materialwissenschaft, Fertigungsdesign und maschinelles Lernen zusammenwirken können, um den Energiebedarf von Gebäuden zu senken.

Fazit

Supercool-Zement – gefertigt aus allgemein verfügbaren Mineralien und mikrostrukturiert, um Sonnenlicht zu reflektieren und Wärme abzustrahlen – bietet einen praktikablen Weg zur passiven Kühlung, der den Klimaanlagenbedarf senken, CO2‑Emissionen reduzieren und die Lebensqualität in Städten verbessern könnte. Bei Skalierung und breiter Anwendung könnte diese Innovation zu einem wichtigen Baustein energieeffizienter, kohlenstoffarmer Bauweise werden.

Quelle: techxplore

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