Warum der Erdkern wichtig ist und was noch unklar bleibt

Warum der Erdkern wichtig ist und was noch unklar bleibt

0 Kommentare

6 Minuten

Warum der Erdkern wichtig ist und was noch unklar bleibt

Der eisenreiche Kern im Zentrum der Erde ist zentral für die langfristige Entwicklung des Planeten. Er erhält den Geodynamo, der das Magnetfeld erzeugt und so Atmosphäre und Ozeane vor Sonnenwind und kosmischer Strahlung schützt. Aus dem Kern freigesetzte Wärme treibt zudem Mantelkonvektion und Plattentektonik an — Prozesse, die Kontinente geformt und das Klima über geologische Zeiträume beeinflusst haben.

Trotz dieser Bedeutung bleiben viele grundlegende Eigenschaften des Kerns unsicher. Wissenschaftler sind sich noch nicht einig über die genaue Temperatur des inneren Kerns, die präzise Mischung leichter Elemente, die er enthält, oder über Zeitpunkt und Mechanismus, mit dem der einst flüssige Kern zu erstarren begann. Direkte Probenahme ist unmöglich, daher stützen sich Forschende auf indirekte Hinweise und Experimente, die extreme Drücke und Temperaturen nachstellen.

Eine jüngere Studie, die Mineralphysik-Simulationen verwendete, schlägt vor, dass eine bisher unterschätzte Variable helfen könnte, diese Unsicherheiten zu verringern: Kohlenstoff. Die Arbeit verbindet atomare Verhaltensweisen in Eisenlegierungen mit großskaligen Beschränkungen aus der Seismologie und liefert ein engeres Fenster zur Chemie des Kerns, zum Schmelzverhalten und zu den Bedingungen, die für das Erstarren des inneren Kerns erforderlich sind.

Wissenschaftlicher Hintergrund: Struktur, Seismologie und Meteoritenchemie

Der Erdkern ist in einen festen inneren Kern und einen flüssigen äußeren Kern unterteilt. Die Seismologie — die Untersuchung, wie Erdbebenwellen durch die Erde laufen — bestimmt den Radius des inneren Kerns und liefert Beschränkungen zu Dichte und seismischen Geschwindigkeiten. Laboruntersuchungen von Mineralien und Metallen unter hohem Druck werden dann verwendet, um abzuleiten, welche Elementmischungen die beobachteten seismischen Signale reproduzieren.

Meteoriten liefern eine ergänzende, wenn auch breitere Einschränkung. Manche Meteoriten sind Fragmente frühplanetaren Materials und geben eine plausible Anfangszusammensetzung für die Bausteine der Erde an. Meteoritenchemie deutet darauf hin, dass der Kern überwiegend aus Eisen und Nickel bestehen sollte, mit einigen Gewichtsprozent leichterer Elemente wie Silizium, Schwefel, Sauerstoff oder Kohlenstoff. Allerdings sind meteorische Daten nicht spezifisch genug, um genaue Anteile festzulegen.

Seismische Daten deuten darauf hin, dass der Kern bei Kernbedingungen etwa 10 Prozent weniger dicht ist als reines Eisen und dass der flüssige äußere Kern weniger dicht ist als der feste innere Kern. Nur bestimmte Legierungskombinationen erfüllen diese Dichte- und Geschwindigkeitsanforderungen. Dennoch können unter den Kandidaten die vorhergesagten Schmelztemperaturen um Hunderte Grad Celsius variieren, was unsere Fähigkeit einschränkt, die Temperatur des inneren Kerns und den Zeitpunkt seiner Kristallisation abzuleiten.

Neue Einschränkung aus der Mineralphysik und die Rolle des Kohlenstoffs

Die aktuelle Forschung wendet Mineralphysik-Simulationen auf den Prozess der Nukleation an — wie sich Atome in einer Flüssigkeit beginnen, zu einem festen Kristall zu ordnen. In Metalllegierungen verändern verschiedene Beimischungen leichter Elemente, wie leicht die Flüssigkeit zu gefrieren beginnt. Einige Legierungen erfordern erhebliche Unterkühlung unter ihre Gleichgewichtsschmelztemperatur, bevor die Verfestigung startet; andere kristallisieren leichter.

Die Studie modellierte Eisen-Kohlenstoff-Legierungen bei Drücken und Temperaturen, die für den Kern relevant sind, und schätzte den Grad der Unterkühlung, der nötig ist, um feste Eisenphasen zu nukleieren. Die Ergebnisse legen nahe, dass die Massenanteile von Kohlenstoff den erforderlichen Unterkühlungsgrad stark beeinflussen. Wenn der Kern etwa 2,4 Prozent Kohlenstoff nach Masse enthielte, wären ungefähr 420 Grad Celsius Unterkühlung nötig, um das Erstarren des inneren Kerns einzuleiten. Erhöht sich der Kohlenstoffgehalt auf rund 3,8 Prozent, sinkt die benötigte Unterkühlung auf etwa 266 Grad Celsius — immer noch beträchtlich, aber angesichts thermischer Evolutionsmodelle der Erde wesentlich plausibler.

Diese Zahlen setzen eine neue Einschränkung: Nicht alle Zusammensetzungen, die seismische Dichten erfüllen, können unter realistischen thermischen Geschichten plausibel einen festen inneren Kern bilden. Insbesondere erscheint ein ausschließlich aus Eisen und Kohlenstoff bestehender Kern mit seismischen Beobachtungen unvereinbar, weil seismische Geschwindigkeiten zusätzliche leichte Elemente verlangen. Die Simulationen bevorzugen daher Kombinationen, die kleine Mengen Sauerstoff und möglicherweise Silizium zusätzlich zu Kohlenstoff und Schwefel enthalten.

Auswirkungen auf Temperatur und Alter des inneren Kerns

Da die Grenze des inneren Kerns dort liegen muss, wo Temperatur und Schmelzpunkt übereinstimmen, verengen bessere Kenntnisse des Schmelzverhaltens die Schätzungen der Temperatur des inneren Kerns. Das verbessert wiederum Modelle, wie schnell der Kern über geologische Zeiten abgekühlt ist, und liefert Einschränkungen, wann der innere Kern zu kristallisieren begann — ein Schlüsselparameter zum Verständnis der langfristigen Stabilität des Magnetfelds der Erde.

Experteneinschätzung

Dr. Elena Morales, eine Planetphysikerin mit Erfahrung in Hochdruckexperimenten, kommentiert: "Die Verbindung von Nukleationsphysik mit der Kernzusammensetzung ist ein wichtiger konzeptioneller Fortschritt. Die Seismologie zeigt uns die großräumige Struktur des Kerns, aber die Mineralphysik kann einschränken, welche Mischungen physikalisch plausibel sind, wenn es darum geht, einen festen inneren Kern zu bilden. Der Vorschlag, dass ein moderater Kohlenstoffanteil zusammen mit Sauerstoff oder Silizium die Bildung des inneren Kerns besser erklärt, hilft, Laborergebnisse und geophysikalische Beobachtungen zu verbinden."

Diese Perspektive spiegelt wider, wie verschiedene Techniken zusammenlaufen. Seismologie liefert strukturelle Beschränkungen, Meteoriten geben kompositorische Endglieder, und Mineralphysik-Simulationen bieten nun dynamische Beschränkungen dafür, wie der Kern tatsächlich erstarren könnte.

Zukünftige Richtung und technologischer Kontext

Zur Bestätigung dieser Ergebnisse sind komplementäre Ansätze nötig. Hochdruck-Hochtemperatur-Experimente mit Diamantstempelzellen und Laserheizung können Schmelz- und Nukleationsverhalten direkt an kleinen Proben messen. Fortschritte in der dynamischen Kompression (Schock- und Rampenkompression) ermöglichen es Forschenden, transientes Schmelzen und Erstarren bei kernähnlichen Drücken zu untersuchen. Verbesserte seismische Bildgebung und präzisere Messungen der Kerneigenschaften werden die makroskopischen Beschränkungen schärfen, die Kompositionsmodelle erfüllen müssen.

Das Verständnis von Kernzusammensetzung und Erstarren ist auch für planetare Vergleiche relevant. Dieselben Prinzipien gelten für andere terrestrische Planeten und große Exoplaneten: Die Kernchemie beeinflusst Magnetfeldentstehung, thermische Geschichte und innere Dynamik. Wenn Kohlenstoff eine bedeutende Rolle im Erdkern spielt, könnte er eine wichtige Variable in Modellen der planetaren Entwicklung im Sonnensystem sein.

Fazit

Neuere Mineralphysik-Simulationen zeigen, dass Kohlenstoff in Kombination mit anderen leichten Elementen wie Sauerstoff und Silizium erheblichen Einfluss darauf haben kann, wann und wie der innere Kern der Erde zu erstarren begann. Indem atomare Nukleationsprozesse mit seismischen und meteorischen Beschränkungen verknüpft werden, verengt die Forschung die Bandbreite plausibler Kernzusammensetzungen und bietet einen neuen Weg zur Abschätzung der Temperatur und des Alters des inneren Kerns. Laufende Laborexperimente, Hochdruckmethoden und seismische Beobachtungen werden nötig sein, um diese Schlussfolgerungen zu validieren und zu verfeinern, doch der Ansatz ist ein bedeutender Schritt zur Klärung langjähriger Fragen zur Zusammensetzung und Entwicklung von Erdinnerem.

Quelle: theconversation

Kommentare

Kommentar hinterlassen