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CGI-Concept teasert einen größeren, kantigen Volvo-Offroader
Ein digitaler Künstler hat die Volvo-Designsprache in Richtung ernsthafter Geländetauglichkeit weitergedacht und eine überzeugende CGI-Studie geschaffen, die einen möglichen Volvo XC110 oder EX110 imaginiert — ein kantiger, überall hin fahrbarer Luxus-Offroader, aufgebaut aus Teilen des Rivian R1S und des Volvo EM90. Das Modell, das in einem Blick-hinter-die-Kulissen-Video des populären Erstellers Theottle veröffentlicht wurde, kombiniert ikonische schwedische Designelemente mit kräftigen Offroad-Proportionen. Die Studie erscheint zu einem Zeitpunkt, an dem Hersteller verstärkt das Segment des sogenannten rugged-luxe anvisieren.
Die Visualisierung ist nicht nur ein hübsches Renderbild: Sie dient als Diskussionsgrundlage darüber, wie Volvo seine skandinavische Design-DNA in ein robusteres, geländetaugliches Premium-SUV übertragen könnte. In der CGI-Umsetzung sind Details erkennbar, die sowohl technische Machbarkeit als auch markentechnische Konsistenz adressieren — von der klaren, flächigen Front bis zu den ausgeprägten Radhäusern und der fast boxigen Silhouette, die Innenraumvolumen und Übersichtlichkeit betonen.
Where Volvo stands today
Volvo Cars und die Volvo Group betreten diesen spekulativen Moment aus einer Übergangsphase heraus. Nach einem sehr starken Jahr 2024 hat sich das Wachstum spürbar abgekühlt: Volvo meldete ein solides Ergebnis im dritten Quartal mit rückläufigem Umsatz, jedoch verbessertem Betriebsergebnis und einer höheren EBIT-Marge gegenüber dem Vorjahr. Das Unternehmen hat variable und indirekte Kosten reduziert und Pläne angekündigt, bis zu 3.000 Stellen abzubauen, nachdem sich die Auslieferungen im dritten Quartal um etwa 7 Prozent auf rund 160.514 Fahrzeuge verringerten.
Die Verschiebung in der Geschäftsentwicklung zwingt Volvo dazu, Prioritäten zu setzen: Profitabilität sichern, Kapazitäten effizient auslasten und gleichzeitig Produktattraktivität durch neue Modelle und Varianten hochhalten. Solche Maßnahmen sind typisch für Premiumhersteller, die in einem zunehmend kompetitiven Markt zwischen Elektromobilität, Nachhaltigkeitsanforderungen und sich verändernden Verbraucherpräferenzen navigieren müssen.

Trotz der Gegenwinde bleiben Produktneueinführungen und Werksinvestitionen zentrale Elemente der Managementstrategie. Zu den wichtigsten Punkten gehören:
- Der vollelektrische Volvo EX60, geplant für Januar 2026 im kompakten Premium-EV-Segment — ein Modell, das Volvos Elektrifizierungsstrategie weiter vorantreiben soll
- Die Fertigstellung des Werks in Košice, Slowakei, als Teil der Produktionsbasis-Erweiterung und regionalen Absicherung der Lieferketten
- Eine erhöhte Produktion des ES90 in Chengdu sowie die fortgesetzte Fertigung des EX30 in Gent, Belgien — Maßnahmen zur Stabilisierung von Volumen und regionaler Verfügbarkeit
Diese Schritte zielen darauf ab, Profitabilität und Auslieferungsvolumina zu stützen. Beobachter fragen sich jedoch zunehmend, ob Volvo sein SUV-Portfolio noch breiter aufstellen muss, um mit gerüchteweisen, robusteren Modellen anderer Premiummarken konkurrieren zu können — speziell in einem Segment, das Komfort und Luxus mit echter Geländefähigkeit kombiniert.
From pixels to possibility: the XC110 concept
Die CGI-Übung begann damit, die Karosserie eines Rivian R1S so zu überarbeiten, dass ein kürzerer Radstand und eine höhere Dachlinie entstanden, ergänzt durch Stilmerkmale, die dem Volvo EM90 Luxury MPV entlehnt wurden. Das Ergebnis wirkt wie ein praktischer, aufrechter Volvo — kompakt und zielgerichtet — mit einer flachen Dachlinie, ausgeprägten Radhäusern und einer zurückhaltend, aber muskulös wirkenden Frontpartie.
Die Transformation eines bestehenden Elektro-SUV-Chassis (hier hypothetisch das Rivian-Layout) in ein kantigeres Volvo-Design bietet Vor- und Nachteile: Einerseits ermöglicht eine bekannte Plattform schnelle Entwicklungszyklen und Kostenersparnis; andererseits erfordert ernsthaftes Offroad-Engineering Anpassungen an Federung, Unterbodenschutz, Kühlkonzepten und elektronischen Fahrprogrammen, um echte Geländefähigkeit zu erreichen.

Design-Highlights und spekulative technische Merkmale der Studie lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Boxige Silhouette und aufrechter Glasbereich (Greenhouse) für großzügiges Innenraumvolumen und gute Übersichtlichkeit — wichtige Aspekte für ein Luxus-SUV mit praktischer Alltagstauglichkeit
- Erhöhte Bodenfreiheit, grobstollige Reifen und größere Federwege als Hinweis auf verbesserte Offroad-Fähigkeiten — kombiniert mit einem robusten Unterfahrschutz
- EM90-Designhinweise: klare Frontfläche, vertikale Heckgestaltung und eine auf Premium-Komfort ausgelegte Innenraumintention, die skandinavische Minimalästhetik mit hochwertigen Materialien verbindet
- Implizierte elektrische Hardware: eine große Batterieeinheit, elektrischer Allradantrieb mit Dual- oder Tri-Motor-Setups und hohes Drehmoment bei niedrigen Geschwindigkeiten für kontrolliertes Kriechen im Gelände
Der Ersteller Theottle fasste die Motivation schlicht zusammen: „Ich habe mich gefragt, ob Volvo glaubwürdig in den rugged-luxe-Trend einsteigen könnte, also habe ich EM90-Design auf eine Rivian-Plattform montiert, um es herauszufinden.“ Diese Neugier führte zu einem realistisch wirkenden, produktionsnahen Rendering, das sowohl Designpuristen als auch Offroad-Enthusiasten ansprechen dürfte.
How it would compare
Heute wird das Segment rugged-luxe von etablierten Größen wie der Mercedes G-Klasse, dem Land Rover Defender und dem Lexus LX dominiert. Neuere Markteintritte sowie Gerüchte um Modelle von Audi, BMW und Genesis deuten darauf hin, dass sich das Segment weiter aufheizt. Ein hypothetischer Volvo XC110/EX110 würde oberhalb der XC90- und EX90-Baureihen positioniert werden — stärker auf Offroad ausgerichtet und möglicherweise utilitarischer in der Auslegung, ohne den skandinavischen Luxusanspruch zu verlieren.
Ein direkter Vergleich müsste mehrere Dimensionen berücksichtigen: technische Plattform (bodenfreie Batteriearchitektur vs. modifizierte adaptive Plattform), Gewicht und Energieeffizienz (die Balance zwischen schwerer Offroad-Ausrüstung und Reichweite), sowie Markenpositionierung (Luxusimage vs. Abenteuer-Authentizität). Volvo könnte versuchen, ein Gleichgewicht zu finden, das sowohl im urbanen Alltag als auch abseits befestigter Wege überzeugt.
Mögliche Vorteile für Volvo aus einer solchen Erweiterung des Portfolios:
- Schließt eine Lücke zwischen städtischen Premium-SUVs und echten Geländewagen mit robusten Fähigkeiten
- Bedient die steigende Nachfrage nach elektrischen SUVs mit echter Offroad-Tauglichkeit — ein Segment mit höherer Marge und starker Kundenbindung
- Stärkt die Marken-DNA durch ein kantiges, praktisches Design, das skandinavische Formensprache mit Funktionalität verbindet
Gleichzeitig bestehen klare Herausforderungen: Die Entwicklung einer maßgeschneiderten Plattform oder die umfangreiche Umrüstung einer bestehenden Plattform für ernsthafte Geländeeinsätze treibt die Kosten deutlich nach oben. Volvo verzeichnet bereits einen Abbau von Stellen und straffere Margeziele, was die Investitionsbereitschaft einschränken könnte. Zudem muss das Unternehmen die richtige Balance zwischen elektrischer Reichweite und Offroad-Ausrüstung finden — schwere Unterfahrschutzplatten, robuste Stoßdämpfer und größere Batterien können Reichweite und Effizienz negativ beeinflussen.
Technische und marktwirtschaftliche Überlegungen
Bei der Betrachtung eines möglichen Volvo XC110/EX110 spielen zahlreiche technische Aspekte eine Rolle, die über bloße Optik hinausgehen. Zu den Kernfragen zählen Plattformwahl, Batterie- und Motorenkonfiguration, Fahrwerksarchitektur sowie thermisches Management für anspruchsvolle Offroad-Einsätze. Während ein Rivian-basiertes Layout in der CGI-Studie als Ausgangspunkt dient, müsste Volvo für die Serienreife entweder eine enge Kooperation mit einem Plattformpartner eingehen oder erhebliche Entwicklungsressourcen in eine eigene, geländetaugliche Elektroarchitektur investieren.
Einige technische Schwerpunkte, die Volvo berücksichtigen müsste:
- Fahrwerksabstimmung: adaptive Dämpfungssysteme mit Offroad-Programmen, erhöhte Federwege und robuste Aufhängungskomponenten
- Unterbodenschutz und Bodengruppe: Schutz der Batterie und sensibler Antriebskomponenten gegen Steinschlag und Wasser
- Wärmemanagement: effiziente Kühlung für Batterie- und Leistungselektronik, besonders bei langsamen Geländefahrten, die thermische Herausforderungen erzeugen
- Elektronische Fahrhilfen: spezielle Traktionsprogramme, Geländeuntersetzungen und softwaregestützte Allradregelung für präzise Drehmomentverteilung
- Modulare Batterieoptionen: Balance zwischen Kapazität (Reichweite) und Gewicht/Platzbedarf, inklusive Schnellladefähigkeit
Aus wirtschaftlicher Sicht muss Volvo außerdem beurteilen, ob ein solches Modell genügend Absatzvolumen in unterschiedlichen Märkten generieren würde, um die Investitionskosten zu rechtfertigen. Marktanalysen dürften regionale Unterschiede aufzeigen: In Nordamerika und Teilen Europas gibt es eine starke Nachfrage nach Premium-Offroadern, während in anderen Märkten eher kompaktere, urbanere Formate gefragt sind.
Produktions- und Lieferkettenaspekte
Die angesprochenen Werke in Košice, Chengdu und Gent sowie die geplante Einführung des EX60 sind Teil eines Gesamtplans zur Produktionsdiversifizierung. Für ein mögliches XC110/EX110 müsste Volvo die Fertigungskapazitäten, Zuliefernetzwerke und Qualitätsanforderungen gezielt ausrichten. Produktionsfragen umfassen etwa die Integration robuster Karosseriekomponenten, spezielle Lackierungsprozesse für widerstandsfähige Oberflächen und eine präzise Montage von Offroad-spezifischen Teilen wie Unterfahrschutz, Differentialsperren und verstärkten Achsen.
Wichtig ist auch die Zulieferung kritischer Komponenten wie Elektromotoren, Leistungselektronik, hochkapazitiver Batteriezellen und Offroad-spezifischer Hardware (z. B. elektronische Sperren, Geländereifen, spezielle Stoßfänger). Langfristige Lieferverträge und strategische Partnerschaften können sowohl Preisstabilität als auch Versorgungssicherheit garantieren — zwei Faktoren, die in Zeiten geopolitischer Unsicherheiten und knapper Rohstoffmärkte an Bedeutung gewonnen haben.
Marktpositionierung und Preisstrategie
Ein XC110/EX110 müsste klar positioniert werden, um gegenüber etablierten Wettbewerbern zu bestehen. Das bedeutet, dass Volvo genau definieren müsste, welche Kundengruppe angesprochen wird: luxuriöse Abenteurer, traditionelle Offroad-Fans, umweltbewusste Premiumnutzer, oder ein Mix dieser Zielgruppen. Die Preisstrategie wäre dabei kritisch: Ein zu hoher Einstiegspreis könnte die Käufergruppe einschränken, während ein zu niedriger Preis das Premium-Image verwässern könnte.
Für Volvo wäre es ratsam, verschiedene Ausstattungs- und Leistungsstufen anzubieten — beispielsweise eine „Adventure“-Variante mit betonten Offroad-Fähigkeiten und eine „Luxury“-Variante, die mehr Komfort und feine Materialien in den Vordergrund stellt. Solche Differenzierungsansätze ermöglichen eine breitere Marktansprache und erhöhen die Chance auf profitable Margen in unterschiedlichen Segmenten.
Final thought
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt existiert der Volvo XC110 nur als CGI-Studie, doch das Konzept ist ein wertvolles Gedankenexperiment: Könnte Volvo seine elegante, minimalistische DNA mit robuster Funktionalität verbinden und damit in einem überfüllten Premium-SUV-Markt erfolgreich sein? Die Antwort hängt von Strategie, Investitionsbereitschaft und der Frage ab, ob Käufer eine skandinavische Interpretation von robustem Luxus wollen. Entscheidend sind zudem technische Realisierbarkeit, Produktionskapazitäten und die Fähigkeit, Reichweite sowie Geländefähigkeit in Einklang zu bringen.
Unabhängig davon regt die CGI-Studie eine wichtige Diskussion an: Wie weit darf oder muss ein Premiumhersteller gehen, um neue Nischen zu besetzen, ohne seine Kernidentität zu verwässern? Volvo hat die gestalterischen Mittel und die Markenbekanntheit, um ein solches Modell glaubwürdig erscheinen zu lassen — ob daraus allerdings ein marktreifes Produkt wird, bleibt offen. Was meinen Sie: Wäre ein kantiger Volvo-Offroader, der skandinavischen Luxus mit echter Geländetauglichkeit vereint, ein Erfolg — ja oder nein?
Quelle: autoevolution
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