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Charles Edwards, Gründer von Capriole Investments, erwartet, dass sich Bitcoin (BTC) nach einem nachhaltigen Ausbruch über die Marke von 120.000 US-Dollar deutlich beschleunigen könnte — mit dem Potenzial, ein neues Allzeithoch rund um 150.000 US-Dollar zu erreichen. Auf der Konferenz Token2049 in Singapur verband Edwards diese mögliche Rallye mit einer erneuten institutionellen Nachfrage: Er sieht Anleger, die sich in Kombination mit Gold auch in Bitcoin als sicheren Hafen positionieren.
Warum die $120.000-Marke entscheidend ist
Edwards erklärte gegenüber Cointelegraph, dass die Wiedereroberung und das Halten der psychologisch wichtigen Marke von 120.000 US-Dollar eine "sehr schnelle" Aufwärtsbewegung auslösen könnte. Bitcoin hat bereits kurzfristig Stärke gezeigt: In der letzten Woche legte der Kurs um mehr als 6 % zu und eroberte erstmals seit Mitte August wieder Niveaus oberhalb von 118.500 US-Dollar zurück, wie Marktdaten belegen. Solche Bewegungen haben häufig Momentum-Effekte zur Folge, da kurzfristige Händler, Market Maker und algorithmische Strategien auf Durchbrüche reagieren.
Aus technischer Sicht dient eine runde Marke wie 120.000 USD als psychologischer Ankerpunkt für Marktteilnehmer. Wird er nachhaltig überschritten, können Stop-Loss-Orders ausgelöst, neue Long-Positionen aufgeschaltet und Liquidität von skeptischen Marktteilnehmern absorbiert werden — Faktoren, die zusammen die Volatilität schnell nach oben treiben können. Gleichzeitig kann das Halten dieser Marke das Vertrauen institutioneller Allokationen stärken, weil es als Bestätigung eines stabileren Trendwechsels interpretiert wird.

BTC/USD, Einmonats-Chart
Institutionelle Zuflüsse und Nachfrage nach sicheren Häfen
Der Kern von Edwards' These sind institutionelle Käufe. Er führt aus, dass makroökonomische Unsicherheit Kapital in traditionelle sichere Häfen wie Gold lenkt, während ein Teil dieser Allokation zunehmend auch in Bitcoin fließt. Diese Entwicklung lässt sich durch mehrere Faktoren erklären: die höhere Liquidität der Spotmärkte, die wachsende Produktpalette für institutionelle Investoren (ETFs, verwahrte Spot-Lösungen, OTC-Desks) sowie regulatoräre Fortschritte, die Vertrauen schaffen.
Institutionelle Investoren — von Hedgefonds über Family Offices bis zu großen Asset Managern — betrachten Bitcoin zunehmend als diversifizierendes Element und potentiellen Inflationsschutz ähnlich wie Gold. Dieser Wandel in der Wahrnehmung kann zu strukturellen Zuflüssen führen, die den Markt über kurzfristige Spekulation hinaus stützen. Wenn mehrere große Akteure gleichzeitig Kapital umschichten, entstehen Nettoeinkäufe, die das Angebot an frei verfügbaren Coins verringern und so Druck auf den Preis ausüben können.
Einfach gesagt: Wenn institutionelles Kapital in signifikanter Größe beginnt, Bitcoin-Exposition aufzubauen, wirkt das wie zusätzlicher Treibstoff für den Markt. Edwards sieht in dieser potenziellen Welle von Zuflüssen die wichtigste Triebfeder dafür, dass BTC über die derzeitigen Niveaus hinaus auf fünfstellige Preisziele wie 150.000 USD steigen könnte.
Unterschiedliche Analysten-Ziele
Edwards' Einschätzung von 150.000 US-Dollar ist im Branchenvergleich eher moderat — einige optimistische Analysten sehen noch höhere Preisziele. Beispielsweise wies André Dragosch, Leiter der europäischen Forschung bei Bitwise, auf die mögliche Auswirkung hin, Kryptowährungen in die US-amerikanischen 401(k)-Rentenpläne aufzunehmen. Selbst eine vergleichsweise kleine Allokation in diese riesigen Rentenfonds könnte laut Schätzungen Dutzende Milliarden Dollar an neuem Kapital in den Kryptomarkt bringen.
Solche Kapitalmengen würden die Angebots-Nachfrage-Dynamik deutlich verändern und könnten Bitcoin theoretisch über 200.000 USD treiben, so die Prognosen einiger Marktbeobachter. Die Bandbreite der Modellvorhersagen hängt stark von Annahmen über die Größe der Allokation, das Investmentverhalten der Teilnehmer und die Geschwindigkeit ab, mit der Kapital umgesetzt wird. Während einige Szenarien ein schnelles Ansteigen innerhalb weniger Monate vorsehen, argumentieren andere Modelle für eine stufenweise, mehrjährige Anpassung, die von regulatorischen Entscheidungen und der Risikotoleranz institutioneller Investoren abhängig ist.
Wichtig ist: Analystenmodelle unterscheiden sich nicht nur im Bezug auf Preisziele, sondern auch in Methodik und zugrundeliegenden Annahmen — von Angebotsverschiebungen über Geldmengenmodelle bis hin zu Portfolio-Allokationsszenarien. Anleger sollten diese unterschiedlichen Perspektiven prüfen und die zugrunde liegenden Treiber verstehen, bevor sie Handlungsschlüsse ziehen.
Marktzyklen, technische Indikatoren und saisonale Stärke
Edwards erwähnte außerdem den vertrauten vierjährigen Krypto-Marktzyklus, der historisch mit Bitcoin's Halving-Ereignissen korreliert. Dieser Zyklus scheint weiterhin eine bedeutende Rolle zu spielen und könnte teils selbstverstärkend wirken: Wenn Anleger antizipieren, dass sich Krypto in einer Aufschwungphase befindet, reduzieren sie Risiken in anderen Bereichen ihres Portfolios und erhöhen ihre Bitcoin-Exposition. Solche kollektiven Verhaltensänderungen können Zykluseffekte verstärken.
Edwards schätzt die Wahrscheinlichkeit, dass die verbleibenden Monate des Jahres konstruktiv verlaufen, auf etwas über 50 %. Diese Einschätzung berücksichtigt mehrere Variablen: makroökonomische Daten, institutionelle Flows, technische Chartmuster und historische Saisonalität. Solche probabilistischen Vorhersagen sind kein Garant, liefern aber ein Rahmenwerk für das Abwägen von Chancen gegen Risiken.
Technische Indikatoren, die die These stützen
Marktteilnehmer verweisen zudem auf verschiedene technische Setups, die bullish interpretiert werden können. Eines davon ist ein sich formierendes Golden Cross — eine klassische Chartformation, bei der ein kurzfristiger gleitender Durchschnitt einen langfristigen von unten nach oben schneidet. Historisch gilt dieses Muster als Signal für anhaltende Aufwärtsdynamik, weil es Momentum- und Trendänderungen sichtbar macht.
Zusätzlich steigen auf On-Chain-Ebene die Beobachtungen zu Kennzahlen wie dem NVT-GC (Network Value to Transactions — Golden Cross), einem Indikator, der die Bewertungsrelation des Netzwerks relativ zu On-Chain-Transaktionen misst. Ein positiver NVT-GC kann darauf hindeuten, dass sich fundamentale Nutzungs- und Bewertungsrelationen zugunsten einer höheren Preisbildung ändern. Solche Indikatoren sind zwar nicht unfehlbar, bieten aber ergänzend zu klassischen Chartmustern belastbare Datenpunkte.
Historische Monatsrenditen zeigen, dass Bitcoin häufig in Oktober und November stärkere Gewinne verzeichnet — ein saisonaler Effekt, der die Argumentation für eine Jahresend-Rallye stützt. Kombiniert man diese saisonale Tendenz mit positiven technischen Signalen und potenziellen institutionellen Zuflüssen, entsteht ein Szenario, das plausibel erklärt, warum Anleger ein Preisziel von rund 150.000 USD für das Jahresende ins Spiel bringen.

Bitcoin NVT-GC
Risiken und Vorbehalte
Trotz der bullischen Szenarien warnt Edwards davor, dass der entscheidende Makro-Treiber die institutionelle Nachfrage ist. Sollte sich das Interesse großer Käufer abkühlen oder sollte sich die Risikobereitschaft auf breiter Basis verringern, könnte sich das Ausblick schnell eintrüben. Zu den Risiken zählen makroökonomische Schocks, regulatorische Eingriffe, geopolitische Entwicklungen oder ein plötzlicher Liquiditätsentzug von großen Marktteilnehmern.
Technische Risiken sind ebenso relevant: Fehlausbrüche, divergierende Indikatoren oder eine schlechte Liquidität in kritischen Marktphasen können zu abrupten Rücksetzern führen. Anleger und Trader sollten deshalb technische Signale stets im Zusammenhang mit On-Chain-Daten und makroökonomischen Indikatoren betrachten. Risikomanagement — durch Positionsgrößenbegrenzung, Diversifikation und Stop-Loss-Maßnahmen — bleibt zentral.
Ein weiteres strukturelles Risiko ist die Konzentration von Coins bei wenigen Adressen oder institutionellen Verwahrern. Wenn große Verwahrer oder langfristige Inhaber beginnen, Teile ihres Bestands zu verkaufen, kann das kurzfristig Druck auf den Preis ausüben, selbst wenn die langfristigen Fundamentaldaten intakt sind. Deshalb ist das Timing institutioneller Zuflüsse und Abflüsse ein kritischer Faktor bei der Bewertung der Nachhaltigkeit eines möglichen Anstiegs auf 150.000 USD.
Fazit
Die Kombination aus wiedererwachtem institutionellen Interesse, Flows in sichere Häfen wie Gold und Bitcoin, historischer saisonaler Stärke und unterstützenden technischen Mustern schafft einen plausiblen Pfad, der BTC bei einem nachhaltigen Ausbruch über 120.000 USD in Richtung 150.000 USD führen könnte. Allerdings ist dieser Weg stark abhängig von fortgesetzten institutionellen Käufen und einer stabilen makroökonomischen Stimmung. Anleger sollten die verschiedenen Treiber — technische Indikatoren, On-Chain-Metriken, institutionelle Allokationen und makroökonomische Daten — kontinuierlich beobachten und Szenarien für sowohl bullishe als auch bearishe Entwicklungen vorbereiten.
Praktisch bedeutet das für Marktteilnehmer: Kurzfristig auf Ausbrüche achten, mittelfristig institutionelle Flow-Daten und regulatorische Nachrichten verfolgen und langfristig die fundamentalen Argumente für Bitcoin (knappes Angebot, steigende Akzeptanz, digitale Knappheit) gegen die bekannten Risiken abwägen. Nur so lässt sich ein ausgewogenes Bild für eine mögliche Bewegung hin zu 150.000 USD gewinnen.
Quelle: cointelegraph
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