8 Minuten
BMW prüft angeblich elektrische Antriebe mit Reichweitenverlängerer
Berichten zufolge erwägt BMW den Einsatz von Extended-Range-Elektrofahrzeugen (EREVs) für einige seiner größeren Modelle mit langem Radstand. Quellen, die mit der Produktplanung des deutschen Herstellers vertraut sind, geben an, dass das Unternehmen Reichweitenverlängerer als Ergänzung zu reinen batterieelektrischen Fahrzeugen prüft – allerdings nur für bestimmte Karosserievarianten, bei denen Bauraum, Gewicht und Kundenerwartungen zusammenpassen.
Was ist ein EREV?
Ein Extended-Range-Elektrofahrzeug ist im Kern ein batterieelektrisches Auto, ergänzt durch einen Verbrennungsmotor, der nicht direkt die Räder antreibt, sondern einen Generator zur Stromerzeugung. Dieser Generator lädt die Batterie während der Fahrt nach und erhöht so die Gesamtreichweite, ohne die Komplexität eines vollwertigen Hybrid-Antriebsstrangs mit mehreren Kupplungen und mechanischen Verbindungen zum Getriebe einzuführen. Der Reichweitenverlängerer wirkt damit primär als fahrender Energiespender für den elektrischen Antrieb und kann die Alltagsakzeptanz von Elektrofahrzeugen in Regionen mit eingeschränkter Ladeinfrastruktur verbessern.
In Märkten wie China sind EREVs bereits verbreitet und in unterschiedlichen Segmenten zu finden. In Nordamerika existieren ebenfalls Beispiele: Der Jeep Grand Wagoneer EREV und der Ram 1500 REV nutzen konventionelle Verbrennungsmotoren zur Stromerzeugung für das elektrische Antriebssystem. Solche Konzepte kombinieren oft große Batteriepakete mit einem oder mehreren Generatoren und zielen darauf ab, die Elektrifizierung mit der heute verfügbaren Tankinfrastruktur zu verbinden.

Welche BMW-Modelle könnten zu EREVs werden?
Laut Bloomberg konzentriert sich die interne Studie von BMW auf Fahrzeuge mit vergleichsweise langem Radstand. Das macht die Flaggschiff-Limousine i7 und den erwarteten iX7 zu den wahrscheinlichsten Kandidaten – der größere Innenraum erleichtert die Integration eines kompakten Reichweitenverlängerers, eines zusätzlichen Kraftstofftanks und der zugehörigen Peripherie, ohne den Fahrgastkomfort einzuschränken. Ein weiteres mögliches Ziel ist der iX5, eine größere Mittelklasse-Option mit mehr Platzangebot als kompakte Modelle und damit mit besseren Chancen für ein wirtschaftliches Packaging.
Die Gründe für die Fokussierung auf Langradstand-Modelle sind vielfältig: zusätzlicher Platz für Aggregat und Isolierung hilft, Geräusch- und Vibrationsprobleme (NVH) zu kontrollieren; außerdem sind Käufer in diesem Segment häufiger bereit, technische Kompromisse zu akzeptieren, wenn sie dadurch zusätzliche Flexibilität und Komfort gewinnen. Gerade im Premiumsegment spielt zudem das erwartete Nutzerverhalten – etwa Langstreckenreisende oder anspruchsvolle Chauffeur-Nutzer – eine Rolle bei der Wahl des Antriebs.
BMW hat bislang keine konkreten Produktionsentscheidungen bestätigt. Ein Sprecher des Unternehmens erklärte, dass München das Marktpotenzial und das Kundeninteresse für verschiedene Antriebstechnologien prüfe und die Möglichkeit offenhalte, je nach Nachfrage von reinen Batterie-Fahrzeugen auf Systeme mit Reichweitenverlängerer umzusteigen. Diese Abwägung sei Teil einer breiteren Strategie, die regulatorische Vorgaben, regionale Ladeinfrastruktur, Gesamtbetriebskosten (TCO) und Kundenpräferenzen berücksichtigt.
Warum BMW zu EREVs wechseln könnte
- Interne Kompetenz: BMW produziert eigene elektrische Antriebseinheiten, Steuergeräte und Batterien, was die Integration hybridisierter Systeme technisch und organisatorisch vereinfacht. Diese Erfahrung mindert Entwicklungsrisiken und fördert Skalenvorteile bei der Fertigung.
- Motorenkompetenz: Das Unternehmen entwickelt weiterhin kompakte Benzinmotoren – beispielsweise den weit verbreiteten B48-Vierzylinder – die sich aufgrund ihrer Bauweise gut als Generatoren eignen. Solche Aggregate lassen sich thermisch effizient betreiben und auf lange Laufzeiten unter konstanten Lastpunkten auslegen.
- Getriebe-Know-how: BMW beherrscht ein breites Spektrum an Getrieben und Untersetzungen, die mit Elektromotoren und Generatoren kombiniert werden könnten. Erfahrung mit Drehmomentwandlern, Doppelkupplungen und abgestuften Reduktionsgetrieben hilft bei der optimalen Abstimmung des Gesamtsystems.
- Marktnachfrage: In westlichen Märkten steigt das Interesse an Reichweitensicherheit – Käufer suchen Lösungen, die das elektrifizierte Fahrgefühl bieten, aber gleichzeitig verlässliche Langstreckenoptionen gewährleisten. EREVs könnten daher strategisch als Ergänzung zu reinen BEVs positioniert werden.

Technischer Kontext: Motoren, Getriebe und Trends bei EV-Antrieben
Die Plattformstärken von BMW sind ein zentraler Faktor, der EREVs technisch möglich macht. Der Hersteller setzt in vielen Modellen auf die von ZF gelieferten 8HP-Drehmomentwandler-Automaten und verwendet in einigen frontlastigen Kompakten ein siebengängiges Doppelkupplungsgetriebe von Magna. Für Elektrofahrzeuge bevorzugt BMW allerdings einfache, robuste Lösungen: Das überarbeitete iX3-Modell nutzt beispielsweise ein Ein-Gang-Reduktionsgetriebe mit fester Übersetzung, das Effizienz und Zuverlässigkeit vereint.
Andere Hersteller verfolgen unterschiedliche technische Ansätze. Mercedes und der Volkswagen-Konzern bieten batterieelektrische Modelle mit zweiteiligen Hinterachsgetrieben an, die einen zweistufigen Übersetzungsbereich ermöglichen und so Beschleunigung bei niedrigen Geschwindigkeiten sowie Effizienz bei hohen Geschwindigkeiten in Einklang bringen. Eine ähnliche Aufmerksamkeit für die Optimierung des Antriebsstrangs wäre auch bei der Einführung von generatorbetriebenen Reichweitenverlängerern erforderlich: abgestimmte Leistungsregelung, thermische Managementkonzepte, Geräuschdämmung und Software für die Energiemanagementstrategien sind entscheidend.
Aus technischer Sicht müssen Entwickler zudem Aspekte wie Emissionskontrolle, Abgasnachbehandlung, Wartungsintervalle und die Integration in bestehende Fahrzeugsoftware bedenken. Ein Generator-Motor-Kopf, der konstant bei optimaler Last arbeiten soll, erlaubt zwar eine hohe Brennstoffeffizienz und geringe Emissionen im Vergleich zum variabel belasteten konventionellen Fahrbetrieb, erfordert jedoch sorgfältige Auslegung der Kühlung und Schalldämmung, um den Premiumanspruch von BMW zu wahren.

Globale Benchmarks: XPeng, Jeep und Ram
China nimmt derzeit eine führende Rolle im EREV-Segment ein. Stand November 2025 beansprucht der XPeng X9 EREV – ein großes, einmotoriges Heckantriebs-Minivan mit einem 1,5-Liter-Reihenvierer als Reichweitenverlängerer – die längste kombinierte Reichweite in China. XPeng gibt Spitzenleistungen von rund 210 kW (282 PS) und 465 Nm an, 0–100 km/h in etwa 8 Sekunden sowie eine kombinierte Reichweite nahe 1.602 km, unterstützt durch einen 60-Liter-Kraftstofftank. Zu beachten ist, dass Reichweitenangaben stark vom verwendeten Testzyklus abhängen (in China oft der CLTC), der tendenziell höhere Werte als WLTP oder EPA liefert.
In Nordamerika verfolgen Jeep und Ram eine andere Herangehensweise. Beide nutzen als Generatoren einen 3,6-Liter-Pentastar-V6, kombinieren diesen mit elektromotorischen Allradsystemen und großen Batteriepaketen (im Fall des Ram etwa rund 92 kWh). Diese Fahrzeuge erreichen kombinierte Reichweiten von mehreren hundert Meilen; der Ram beispielsweise gibt unter seinen eigenen Testbedingungen Reichweiten von bis zu etwa 690 Meilen an. Solche Werte sind stark abhängig von Testprotokollen, Fahrprofilen und Ausstattungsvarianten.
Die Beispiele zeigen, dass EREV-Konzepte flexibel ausgelegt werden können: von kompakten Range-Extender-Modulen bis zu leistungsstarken Verbrennungsmotoren als Generatoren in Kombination mit großen Batterien. Entscheidend sind die Zielmärkte, regulatorische Rahmenbedingungen und das Verbraucherverhalten in Bezug auf Reichweite, Ladedauer und Wartung.

Marktausblick
Sollte BMW den Schritt zu EREVs gehen, wäre dies eher eine strategische als eine rein technische Entscheidung: Die notwendigen Bausteine – Antriebe, Steuergeräte, Getriebeexpertise und Motorenentwicklung – sind bereits vorhanden. Die zentrale Frage ist, wie Kunden in Europa und Nordamerika auf ein solches Angebot reagieren, vor allem in Regionen, in denen die politische Förderung und Marktkommunikation stark auf batterieelektrische Fahrzeuge (BEVs) ausgerichtet sind.
EREVs können eine Brücke darstellen: Sie bieten das typische elektrische Fahrgefühl mit unmittelbarem Drehmoment und leisem Antrieb, reduzieren gleichzeitig Reichweitenangst auf Langstrecken oder in Gebieten mit spärlicher Ladeinfrastruktur. Für Flottenbetreiber und Vielfahrer können EREVs wirtschaftlich attraktiv sein, weil sie die Flexibilität von Verbrennungskraftstoff mit den Vorteilen der Elektrifizierung kombinieren, etwa beim Stadtverkehr mit regenerativem Bremsen und lokal emissionsfreiem Fahren.
Dabei spielen Total Cost of Ownership, staatliche Anreize, Verfügbarkeit von Schnellladeinfrastruktur sowie Restwerte eine große Rolle. Bei der Einführung neuer Antriebsoptionen sollten Hersteller auch Kundenservice, Händlernetz und Servicezyklen berücksichtigen, da komplexere Systeme andere Wartungsanforderungen stellen können als reine BEVs.
Zitat-Highlight: „Wir prüfen das Marktpotenzial und das Kundeninteresse für eine Reihe von Antriebstechnologien“, sagte ein BMW-Sprecher und betonte damit, dass jede mögliche Umstellung wohlüberlegt und marktorientiert erfolgen würde. Diese Formulierung unterstreicht die Absicht, Entscheidungen datenbasiert und kundenzentriert zu treffen, anstatt technische Trends unreflektiert zu adaptieren.

Ob BMW letztlich erweiterte Reichweitenvarianten des i7, iX7 oder iX5 anbieten wird, bleibt abzuwarten. Die Diskussionen verdeutlichen jedoch, wie Hersteller ihre Antriebsportfolios diversifizieren, um unterschiedlichen Kundenanforderungen und regionalen Marktbedingungen gerecht zu werden. Für Autoenthusiasten bedeutet dies möglicherweise mehr technische Vielfalt – und für Käufer eine größere Auswahl zwischen rein elektrischen BEVs und technisch durchdachten, reichweitenabsichernden Alternativen. Langfristig könnten EREVs Teil eines gemischten Angebots sein, das von batterieelektrischen Fahrzeugen über Plug-in-Hybride bis hin zu generatorgestützten Lösungen reicht, je nach Markt und Nutzerprofil.
Quelle: autoevolution
Kommentar hinterlassen