Nahe Entdeckung: Mögliches Leben in der habitablen Zone um den Zwilling unserer Sonne

Nahe Entdeckung: Mögliches Leben in der habitablen Zone um den Zwilling unserer Sonne

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Nahegelegene Entdeckung: Eine potenziell lebensfreundliche Welt um den Zwilling unserer Sonne

Beobachtungen mit dem James Webb Space Telescope (JWST) haben eine äußerst schwache, möglicherweise planetare Lichtquelle identifiziert, die Alpha Centauri A, dem sonnenähnlichsten Stern im Alpha-Centauri-Triple-System, umkreist. Dieses Objekt, vorläufig Alpha Centauri Ab genannt, befindet sich etwa in doppelter Entfernung zwischen Erde und Sonne von seinem Zentralstern – also innerhalb der klassischen habitablen Zone. In dieser Umlaufregion könnten unter geeigneten atmosphärischen Bedingungen flüssige Wasservorkommen existieren. Sollte sich die Existenz bestätigen, wäre Alpha Centauri Ab der sonnennächste direkt abgebildete Exoplanet und ein bedeutsames Ziel für weiterführende, detaillierte Studien.

Wissenschaftlicher Kontext: Das Alpha-Centauri-System und Methoden der Exoplanetensuche

Alpha Centauri ist rund vier Lichtjahre von der Erde entfernt und besteht aus einem engen Doppelsternpaar – Alpha Centauri A (ein G-Typ-Stern wie unsere Sonne) und Alpha Centauri B – sowie dem roten Zwerg Proxima Centauri, der weiter außen kreist. Um Proxima wurden bereits mindestens drei Planeten aufgespürt, darunter einer in dessen kleiner habitabler Zone. Exoplaneten beim zentralen Doppelstern hingegen waren aufgrund der Helligkeit, der geringen Winkeldistanz und der komplexen Dynamik des Paares nur schwer nachzuweisen.

Die meisten Exoplaneten werden indirekt anhand von Transitmethode (regelmäßige Abschwächungen des Sternenlichts) oder Radialgeschwindigkeitsmessungen (Schwanken des Sterns durch Gravitationseinflüsse) entdeckt. Direktes Abbilden – also das Erfassen des Lichtes direkt vom Planeten – ist technisch sehr anspruchsvoll, bietet aber einzigartige Einblicke in die Atmosphäre und Wärmeabstrahlung. Forschergruppen nutzen für Alpha Centauri A hochkontrastbildende Verfahren, insbesondere Koronografie, um das Sternenlicht abzuschirmen und nach schwachen Begleitern zu suchen.

Beobachtungen, Analysen und das Rätsel des "verschwindenden Planeten"

Der erste Hinweis auf eine planetare Quelle in der Nähe von Alpha Centauri A stammt aus dem Jahr 2021 von Kevin Wagner und Kollegen. In einer neueren JWST-Kampagne, geleitet unter anderem von Aniket Sanghi und Charles Beichman, wurden im August 2024 hochkontrastreiche Aufnahmen mithilfe eines Koronografen gemacht, bei denen das Licht von Alpha Centauri A unterdrückt und der störende Lichtanteil von Alpha Centauri B sorgfältig entfernt wurde. Dabei wurde eine schwache, punktförmige Quelle in einem Winkelabstand festgestellt, der etwa dem doppelten Erd-Sonne-Abstand entspricht.

Weitere JWST-Messungen im Februar und April 2025 konnten das Objekt jedoch nicht erneut erfassen. "Wir stehen also vor dem Rätsel eines verschwindenden Planeten!" erklärt Aniket Sanghi (Caltech). Um die widersprüchlichen Beobachtungen zu klären, simulierte das Team Millionen möglicher Bahnen unter Einbezug aller Zeitpunkte von Nachweis und Nichtnachweis, einschließlich der Entdeckung von 2021. Die Ergebnisse legen nahe, dass der Kandidat in vielen Bahnszenarien während der Nachbeobachtungen derart nahe am Stern stand, dass er im Blendlicht verschwand – ein Verhalten, das zu einem echten Planeten auf einer engen Umlaufbahn um Alpha Centauri A passen würde.

Abgeleitete physikalische Eigenschaften

Aus der Kombination von Helligkeitsmessung und dynamischen Einschränkungen ergibt sich für den Kandidatenein Radius von etwa 1,0–1,1 Jupiterradien und eine geschätzte Masse zwischen 90 und 150 Erdmassen (Saturn besitzt etwa 95 Erdmassen). In einer Umlaufbahn mit circa 2 AE um einen sonnenähnlichen Stern liegt das Objekt klar innerhalb der habitablen Zone. Zwar dürfte es sich laut diesen Parametern um einen Gasriesen anstelle eines Gesteinsplaneten handeln, das verringert aber nicht vollständig das astrobiologische Potenzial: Gasriesen können große Monde beherbergen, bei denen theoretisch lebensfreundliche Bedingungen mit flüssigem Wasser oder sogar Leben vorkommen könnten.

Bedeutung für Planetenentstehung und Bewohnbarkeit

Der bestätigte Nachweis eines Gasplaneten in der habitablen Zone eines engen Doppelsternsystems wäre eine Herausforderung für die bisherigen Modelle zur Entstehung und Stabilität von Planeten in Systemen mit mehreren Sternen. „Das bloße Vorhandensein eines solchen Himmelskörpers in einem eng getrennten Doppelstern würde unser Verständnis darüber, wie Planeten entstehen, bestehen und sich in chaotischen Umgebungen entwickeln, grundlegend infrage stellen“, so Sanghi. Die Dynamik des Alpha-Centauri-Binärs beeinflusst offenbar die Art, wie sich protoplanetare Materie ansammelt und bewegt. Ein gesicherter Alpha Centauri Ab würde also theoretische Modelle stark einschränken.

Unter astrobiologischen Gesichtspunkten eröffnet das Vorkommen eines Riesenplaneten in der habitablen Zone die Aussicht auf lebensfähige Monde. Einige große Monde der Gasriesen Jupiter und Saturn im Sonnensystem – wie Europa, Enceladus oder Titan – zeigen, dass lebensfreundliche Umgebungen durchaus um Gasriesen möglich sind. Um Atmosphären, Oberflächenbedingungen oder mögliche Monde bei Alpha Centauri Ab nachzuweisen, bedarf es jedoch präziser Instrumente und langfristiger Beobachtungen.

Technologien, Nachfolgeprojekte und Ausblick

Die ersten Messungen gelangen dank hochkontrastbildender JWST-Koronografen, doch eine Bestätigung erfordert zusätzliche Methoden und Teleskope. Fortlaufende JWST-Betrachtungen, exakte Radialgeschwindigkeitsmessungen und Astrometrie mit den kommenden Extremely Large Telescopes (ELTs) auf der Erde könnten zur Einschränkung der Bahn und Masse beitragen. Zukünftige Raumfahrtmissionen, speziell entwickelt für die Abbildung von Exo-Erden – etwa Sternenschirme, weiterentwickelte koronagrafische Raumteleskope oder neue Observatorien wie HabEx oder LUVOIR – böten künftig weitreichende Möglichkeiten, Atmosphären und potenzielle Monde direkt zu studieren.

"Da sich dieses System in unmittelbarer Nähe zu uns befindet, sind entdeckte Exoplaneten dort die beste Gelegenheit, Daten über planetare Systeme außerhalb unseres eigenen zu sammeln", betont Charles Beichman, Direktor des NASA Exoplanet Science Institute am Caltech. Jedoch seien solche Beobachtungen extrem schwierig, da die Sterne sehr hell, nahe und ihre Position am Himmel sich schnell ändert.

Fazit

Die denkbare Entdeckung eines Gasplaneten in der habitablen Zone von Alpha Centauri A durch das JWST ist ein spannendes und potenziell bahnbrechendes Resultat für die Exoplanetenforschung. Sollte Alpha Centauri Ab bestätigt werden, wäre er der nächste direkt beobachtete Planet zum Zentralstern und ein Leitobjekt zur Erforschung von Planetenentstehung, Dynamik in Mehrfachsternsystemen und der Möglichkeit für bewohnbare Monde. Das vorübergehende Erscheinungsbild im JWST-Bildmaterial unterstreicht die technische Herausforderung hochkontrastierenden Bildens bei hellen, nahen Doppelsternen und zeigt den Bedarf für koordinierte, vielfältige Folgeuntersuchungen mit Weltraum- und Bodenteleskopen. Vorerst bleibt Alpha Centauri Ab ein faszinierender Kandidat, dessen genauer Status erst durch weitere Beobachtungen endgültig geklärt werden kann.

Quelle: sciencealert

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